Update 18.10.2024 am Ende
Die coolen Leute kaufen sich gerade Minisysteme auf ARM und RISC-V-Basis um möglichst energiesparend Home Automation oder anderen Kram zu betreiben. Übersehen wird jedoch, dass es alte Desktop-Systeme aus dem Leasing-Rücklauf mit deutlich mehr Leistung und besserem Preis/Leistungsverhältnis zu kaufen gibt. Diese sind darüberhinaus auch deutlich besser ausgestattet.
Und so kaufte ich mir für 90€ einen Lenovo ThinkCentre M715q Tiny-Rechner ohne Festplatte, ersetze die 2x4GB RAM durch 2x32GB, verbaute eine 2 TB NVMe-SSD und eine alte 1GB SATA-SSD. Soweit so gut. Da die Kisten schon mehrere Jahre alt sind (BJ 2018?), war auch bei mir das BIOS veraltet und so lud ich mir die passenden ISO-Images von Lenovo herunter, flashte einen USB-Stick und startete davon:
Ohne dass ich etwas machte, nämlich per „vintage“ autoexec.bat begann ein Update-Prozess und dies gelang auch, danach aber leider eine Fehlermeldung.
Turns out, dass Lenovo das gleiche Modell in einer Gen 1 ohne Namenszusatz und einer Gen 2 mit Namenszusatz verkaufte und ich versehentlich die Downloads der ersten Version erwischt hatte. Also schnell den Fehler korrigiert und das korrekte BIOS-Update der Gen 2, bei Lenovo als „M715q 2nd Gen Desktop (ThinkCentre) – Type 10VH“ bezeichnet, heruntergeladen:
Hierbei handelt es sich um ein UEFI-basiertes Tool, also ohne „vintage“ DOS-Bootlogik. Das BIOS wurde geflasht und alles war gut. Nicht ganz. Kurz nach Start des Systems drehter der CPU-Lüfter über einen Zeitraum von ca 30 Sekunden von Minimum auf Maximum auf und verbliebt dort.
In einem Forum wurde davon geschrieben, dass alte Einstellungen des BIOS durch ein Update nicht überschrieben werden und man den Speicher durch setzen eines Jumper resetten und Entfernen der Batterie entfernen müsste:
Getan, hat nichts geändert 🙁
Ich schaute dann auf der korrekten Lenovo-Seite nach, was es denn sonst noch an Updates gäbe und fand ein SIO (Super I/O) Update, allerdings nur als Windows Executable. Das Changelog nannte drei Versionen und ich verglich diese mit der installierte und erkannte das Problem, da meine nicht dabei war:
Durch das automatische Flashen des Gen-1 Mediums ohne Prüfung hat mein System nun eine Uraltkonfiguration „M11CT11A.bin“ (66KB) geladen die Lenovo so nie produziert/vertrieben hat. Super I/O-Chips, wie der Name schon sagt, steuern Peripherie aber auch die Lüfter/Thermal Management. Nun nutze ich kein Windows und war aufgeschmissen, jedoch fand ich eine Windows 11 PE Live-Variante als .ISO Datei, bootete das System damit und schob mit einem weiteren USB-Stick die genannte SIO-Update-Datei aufs System.
Ein Installationsprogramm startete und am Ende wurde das Update gestartet:
Fehler: Installierte Version zu alt (auf Englisch, genauer Wortlaut fällt mir nicht ein).
Jetzt war guter Rat teuer. Einen Tag später schaute ich mir dann mal genauer an, was der Installer hier auf C:\SWTOOLS\FLASH schob und fand dort auch eine .BIN datei Namens M1XCT15A.bin die minimal größer war (70KB).
Ich dachte mir: Wenn das Tool von vorhin ohne Prüfung flasht, wird es hoffentlich auch die neuere Datei flashen. Also wieder ein FreeDOS-Medium erstellt, die Tools für das Gen1 update. die M1XCT15A darauf gepackt, autoexec.bat gelöscht und manuell ausprobiert:
Statt
ifu315.exe M11CT11A.bin 64 /R0
führte ich
ifu315.exe M1XCT15A.bin 70 /R0
aus, machte das System danach stromlos und nach einem Neustart wurde die neue Version im BIOS angezeigt und der Lüfter verhält sich wie gewünscht. Puh, das war knapp.
Ansonsten ein paar Anmerkungen:
- Das System ist nicht flüsterleise, schade. Das Netzteil wird recht warm.
- 2x32GB werden inoffiziell unterstützt, ich habe Crucial DDR4-3200 SO-DIMM gekauft.
- Es gibt ein paar USB 3.1 Gen 1/Superspeed/ 5Gbit/s-Ports in Form von USB-A. Kein USB-C und nicht Gen 2 oder schneller.
- Man braucht noch einen DisplayPort-Adapter oder einen Monitor mit DP-Eingang fürs Setup. Kein HDMI vorhanden.
- Es gibt noch einen M.2 2230 Socket ohne Bestückung. WIFI/BT wurden wohl beim Refurbish ausgebaut. Hier kann man sich aber auch eine zweite Netzwerkkarte bei AliExpress kaufen und einbauen. Dafür bricht man an der Rückseite eine nicht benutzten VGA/Serial-Blende raus. Habe bestellt, aber noch nicht bekommen/ausprobiert.
- Auf dem System läuft bei mir Proxmox und WOL funktioniert – wenn man per ethtool dies nach dem Booten konfiguriert – auch.
- DASH, das AMD-Äquivalent von AMT/vPRO wird über den Realtek-Chip vermutlich unterstützt wenn man Legacy Boot aktiviert statt UEFI-Only. Ich habe mal etwas rumgespielt aber es nicht zum laufen bekommen. Die Firmware hat dort ein (C)-Datum von 2014 und böte wohl ein IPMI-ähnliches System an. Leider stellt AMD nur für Ubuntu und Windows clients bereit. Da ich hier sowieso Proxmox als Basis verwende und experimentelle Sachen in virtuellen Maschinen ausführe, brauche ich das hier nicht.
Datenblatt / PSREF / Product Specifications Reference (PDF)
Update 18.10.2024:
Die M.2 Netzwerkkarte kam heute und sie funktioniert (Mit 1Gbit/s getestet). Allerdings konnte ich den Montagerahmen für die M2 SSD nicht mehr verbauen, da die Karte diesen blockiert. Schrauben zum Montieren der Buchse am Gehause waren leider auch keine dabei, hatte ich aber noch im Fundus.
Um es sauber zu machen könnte man sich eine M.2 Verlängerung kaufen und die Ethernetkarte woanders „fliegend“ positionieren, oder man lötet die Pinleiste ab und ersetzt diese durch etwas weniger störendes.
Eine teurere Variante hat 90° versetzte Pfosten: