Eigentlich war ich gerade dabei, wieder einen Blogpost über die digitale Grundbildung in Großbritannien zu schreiben, über BBC Micro, BBC Master und die im „Digitaljahr 1982“ dort von der BBC gestartete Fernsehreihe „The Computer Programme“:
Gut, die erste Folge ist jetzt nicht so besonders spannend und die eigenen Projekte wie eben der BBC Micro kamen später. Doch in Deutschland blieb sowas fast komplett aus. Ich erinnerte mich an den WDR ComputerClub, dessen Moderator/Redakteur Wolfang Rudolph noch heute im fortgeschrittenen Alter auf YouTube mit einem Nachfolgeformat CC2 aktiv ist.
Ich war mir nicht sicher, ob ein Vergleich hier legitim ist und so begann ich nebenher alte ComputerClub-Folgen auf YouTube anzuschauen. Und ich bin erstaunt, wie viel Zeit man damals hatte um über Dinge wie Soundkarten oder VisualBasic für Windows zu sprechen. Oder die Skills, per „VideoDat“ neben dem Fernsehbild auch noch einen Datenstrom zu übertragen.
Das Format wurde erst 2003 abgesetzt und was man so hört von Ranga Yogeshwar persönlich. Das kann und werde ich ihm jedenfalls nicht verzeihen.
Solche Formate sind nicht „einfach“ oder für Laien nebenher konsumierbar, sie erfordern eine tiefere Auseinandersetzung und das Umgehen mit unbekannten Variablen (Dinge, die man noch nicht versteht). Soweit ich informiert bin, sind beide studierte Elektrotechniker, die wohl die ersten Computerjournalisten Deutschlands sind. Umso erstaunlicher finde ich die gute didaktische Aufbereitung und Heranführung an bestimmte Dinge.
Vergleicht man das z.B. mit dem IMO richtig schlechten BR „Telekolleg Multimedia“, welches circa zwischen 2000 und 2008 produziert wurde oder dem Format „Neues“ auf 3sat (in den 1990er) wird das einem bewusst.
Heute fehlen solche Format im öffentlich-rechtlichen Programm fast vollständig, doch solche Special-Interest-Edutainment-Formate wie ComputerClub, Schach der Großmeister, Eisenbahnromantik, WDR Hobbythek etc. eröffnetem einem doch den einfachen Zugang zu komplexen oder vollständig fremden Themen.
Man konnte *wirklichen* Experten zuschauen und relativ Frei von politischen oder lobbygetriebenen Positionen miterleben, wie schlaue Leute oder auch obskure Themen bearbeitet wurden.
Heute haben sich ARD und ZDF längst den oberflächlichen Freakshow-Formaten der Privaten angeschlossen und jeden inhaltlichen Anspruch aufgegeben. Mit einem Jahresbudget von 9 Milliarden Euro ist das eine Schande und rechtfertigt eigentlich den kompletten Austausch sämtlicher Führungspositionen. Ich bin mir jedenfalls sicher, dass die durch die Einstellung der „Lindenstraße“ freiwerdenden Mittel nicht für sinnvolle Formate verwendet werden, sondern für eine noch anspruchslosere, moralinverseuchte Telenovela oder Krimi-Reihe (ähnlich Tatort).
Derweil wundert man sich, warum die Allgemeinbildung zurückgeht.
Auch deshalb habe ich vor 5 Jahren meinen Fernseher verschrottet und bis heute nicht ersetzt. YouTube hat einige Content-Perlen im Special-Interest-Segment, wenngleich diese fast ausnahmslos in englischer Sprache produziert werden. z.B. „GreatScott!“ eines Leipzigers.