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Schweiz

Nun muss ich zu der Entscheidung der Schweizer doch etwas schreiben. Ich kann zwar einerseits die Unverständnis in Europa und auch besonders bei uns in Deutschland nachvollziehen, schliesslich ist die Schweiz Teil des Schengen-Raums und hat auch diverse andere nützlichen Abkommen mit der EU geschlossen.

Andererseits missfällt mir der Tonfall insbesondere aus Deutschland: Er ist indiskutabel und verschlimmert die Situation noch weiter:

Die Schweiz und ihre Einwohner sind Freunde der Unabhängigkeit, auch der persönlichen. Das war der Schlüssel um als Schweiz überhaupt das letzte Jahrhundert zu überleben, ohne während der Kriege von Deutschland oder Italien überrannt und besetzt zu werden.

Hierzu wurde während des zweiten Weltkrieges explizit eine Bewegung gegründetum sich gegen die faschistoide Beeinflussung der Nachbarn zu wehren und den Zusammenhalt der Nation zu stärken. Den Schweizern ist bewusst, dass sie nicht viel mehr leisten können, als bei einem möglichen Angriff den höchstmöglichen Blutzoll dafür zu verlangen. Als kleines Land umringt von Feinden hat man auch keine andere Möglichkeit.

Wenn also ein Angriff droht, ist nahezu immer mit dem totalen Krieg und einem Untergang der Schweiz zu rechnen. Diese „Alles oder Nichts“-Situation macht sich auch politisch und diplomatisch bemerkbar — auch in der Skepsis gegenüber den Deutschen, Deutschland und der EU.

Ich bin deshalb zwar auch traurig, dass sich diese SVP-Kampagne durchgesetzt hat. Jedoch ist die Schweiz fast schon eine Lehrbuch-Demokratie und das Ergebnis zu akzeptieren. Die Konsequenz des Votums ist relativ schwammig, im Ergebnis wird nur eine Begrenzung des Zuzuges durch eine Quote gefordert. Diese Quote ist aber nicht definiert worden und ist nun von der schweizerischen Bundesregierung auszuarbeiten.

Und soweit ich das sehe, gilt das nur für neue Zuzügler, nicht für bereits im Land lebende Ausländer. Abschiebungen wird es also nicht geben.

Die Schweiz hat auch keine Historie in der Verfolgung von Personengruppen, so wie insbesondere Deutschland. Deshalb messe ich auch bewusst mit zweierlei Maß und gestehe den Schweizern hier mehr zu als bspw. meinen Landsleuten, die alleine in den ersten paar Wochen des Jahres schon wieder mehrere Asylheime angezündet haben.

Und so undiplomatisch damals Peer Steinbrück in Steuersachen, so sind auch heute die von anderen SPD-Leuten geäusserten „Konsequenzen“ höchst irritierend und sorgen auch auf gemäßigter Seite für neues Misstrauen gegenüber Deutschland und der EU. Einige Europapolitiker wie Martin Schulz oder Alexander Graf Lambsdorff sind schlauer und wissen, dass man hier nun diplomatisch verhandeln und Augenmaß behalten muss.

So wie 2009 viele Deutschen gegen die Griechen und andere südeurop. Euro-Staaten in finanzieller Notsitation gehetzt haben, so wurde auch hier wieder der typisch überhebliche deutsche Michel präsentiert, der jetzt „im Namen des Guten“ andere Nationen „zu ihrem Glück“ zwingen muss. Dieses Denkmuster ist brandgefährlich!

Auch eine gemeinsame Replik der EU-Staaten gegenüber der Schweiz wäre vermutlich nicht hilfreich, so wenig wie damals EU-Sanktionen gegen Österreich, als Haiders FPÖ zu einer Regierungskoalition kam. Noch heute sieht sich die nationalistische FPÖ als Opfer und neingt zu — sehr merkwürdigen — Opfervergleichen. Die SVP würde sicher in vergleichbarem Falle auch zu einem Opfer stilisiert werden und könnte sich als „letzte pro-helvetische Partei“ womöglich nur noch weiter profilieren.

Eine kluge Reaktion wäre es nun, die liberaleren und weltoffener politische Regierungsmehrheit in der Schweiz zu unterstützen und ihr nicht mit der Guillotine zu drohen bzw. alternative vertragliche Lösungen auszuarbeiten.

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