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Neujahrsvorsatz: Jeden Tag Fahrrad fahren!

Wie wäre es damit? 365 Tage am Stück jeden Tag Fahrrad fahren? Egal ob draussen, drinnen und egal wie weit oder lange, Hauptsache an jedem Tag?

Zwischen Weihnachten und 9. Januar bin ich überhaupt nicht Fahrrad gefahren, 14 Tage. Die längste Zeit seit 2020, als ich mich wieder nach Jahren auf ein Fahrrad setzte. Weiterhin war das Wetter richtig schlecht und selbst Spike-Reifen machen keinen Spass, wenn man nicht nur fahren „muss“ sondern „möchte“.

Andererseits gibt es seit einigen Jahren eine „Fahrrad-Simulation“ namens Zwift, bei der man auf einem Ergometer oder „richtigem“ Fahrrad sitzt und kurbelt. Die Leistungsparameter werden gemessen und man fährt dann virtuelle Strecken ab. Auf dem Smartphone/Tablet oder TV sieht man sich dabei und andere Avatare, die anderen Nutzenden gehören, die gerade fahren.

In einem separaten Blogpost schrieb ich schonmal darüber.

Ich wollte es besser machen und habe mich umgeschaut, welche Mittel ich benötige um so ein Setup möglichst preiswert umzusetzen: Ein Zweitrad hatte ich günstig für 100€ gekauft und den passenden Rollentrainer zum Einspannen des Rades gab es für 30€ bei ebay-Kleinanzeigen von jemandem, der es selbst gekauft und nicht genutzt hatte. Stilecht habe ich das Teil per Lastenrad abgeholt. Mit günstigen Bluetooth-Sensoren für Geschwindigkeit und Trittgeschwindigkeit (Kadenz) sowie einem Pulsgurt legte ich los.

Also zurück zur Challenge: Jeden Tag Rad fahren. Am 9. Januar fuhr ich nach der Weihnachtspause wieder draussen Rad. Am 12. Januar kaufte ich den Trainer und am 16 Januar begann meine „Zwift-Karriere“. 5 Monate fuhr ich jeden Tag auf Zwift etwas – grob geschätzt ungefähr nur 30 Minuten pro Tag – was aber vollkommen ausreichte, um meine Fitness zu steigern.

Warum habe ich aufgehört? Weil es irgendwann bei schönem Wetter nervte, sowohl drinnen wie auch draussen fahren zu müssen. Ich wollte meine makellose tägliche Zwift-Bilanz nicht abreissen lassen und gleichzeitig draussen längere Touren fahren. So kündigte ich Zwift vorerst dann doch und am 24. Juni war dort meine letzte Fahrt.

Dann ging die Gamification erst richtig los: Zuerst fuhr ich einige Tage lang möglichst weit entfernte Drogeriemärkte an, die es hier in München zwar in 500m oder eben auch am anderen Ende der Stadt im Industriegebiet gibt. Oder in einem der Vororte dahinter. So kam ich auch mal auf 30-40km für eine Besorgung. Die Zeit nach 18 Uhr war auch bei Hitze noch erträglich, wobei es mir nur um die Vermeidung der UV-Strahlung ging. Hitze war nicht das Problem.

Dann kam das 9€-Ticket. Zusammen mit der Fahrrad-Tageskarte konnte ich auch ausserhalb von München Abends noch ein paar Kilometer sammeln und dann kam das Tile-Hunting. Vereinfacht beschrieben: Die Erde ist eine Kugel, aber unsere Landkarten sind rechteckig, zumindest bei digitaler Abbildung mit zoombarer Auflösung, wie bei Google Maps oder OpenStreetMap. Man sagt hier auch Kacheln dazu oder englisch „tiles“.

Das Tile-Hunting besteht nun darin, in einer einmalig festgelegten Zoom-Stufe, Kacheln mit dem Rad zu durchfahren. Die Idee stammt von veloviewer.com ist aber auch bei statshunters.com verfügbar und basiert auf den eigenen Aufzeichnungen durch GPS-Logger die man auf Strava hochlädt.

In der „Szene“ gibt es mehrere Möglichkeiten hier „zu sammeln“: Absolute Anzahl an durchfahrenen Kacheln, die größte zusammenhängende Fläche oder – was am populärsten ist – das größte Quadrat zu erfahren. Also eine Ausdehnung des Gebietes in alle Himmelsrichtungen bei gleicher Kantenlänge. Dieses Video liefert eine bessere Erklärung.

Hier mein Beispiel: Rote Kacheln habe ich durchquert. Blau ist das größte Quadrat und blau+grün stellen die größte zusammenhängende Fläche abzüglich einer Randkachel dar. Die roten Linien stehen für die eigentlichen von mir gefahrenen Routen/Tracks.

Mein maximales Quadrat hat eine Kantenlänge von 20, also 20×20 Kacheln.

Die drei Monate 9€-Ticket vergingen leider zu schnell und so musste ich mir wieder etwas neues überlegen, was ohne ÖPNV-Rückfahrt auskommen kann. Nicht nur wegen den Kosten sondern auch wegen der langen Fahrzeit um in „unbefahrene Gegenden“ zu gelangen. Dabei kannte ich die Antwort schon: wandrer.earth – ein ebenfalls auf Strava-Aufzeichnungen aufbauender Dienst, der gefahrene Wege erfasst und in Relation zur Anzahl setzt.

Konkret: Aktuell versuchen 1600 Nutzer die 4286 Kilometer an Straßen und Wegen, die für Fahrräder befahrbar sein sollen, der Landeshauptstadt München abzufahren. Zwar gibt es ein Punktesystem und für die Nutzer mit dem größten monatlichen Fortschritt durch Monats- und Jahrespreise, die aber nicht unbedingt was mit der absoluten Leistung zu tun haben sondern auch dem Zeitpunkt.

Kommt irgend ein Irrer daher, der das ganze obszessiv – zB täglich – betriebt, sind Monats und Jahreswertungen natürlich futsch:

Stand heute, 9. Januar 2023, konnte ich bereits 60.16% von München abfahren (2578.2 km) . Bei 1600 Nutzern bin ich hier bei Punkten auf dem dritten und bei der reinen Reichweite auf dem zweiten Platz. Bei den Punkten konnte ich mir den Jahressieg holen.

Die beschissene, gefährliche Infrastruktur und überwiegend aus Bausünden und Hässlichkeit bestehende Landeshauptstadt zu erfahren motiviert vermutlich nur wenige und dient mir auch nur als Mittel zum Zweck.

Wandrer stellt nahezu weltweit Daten zur Verfügung, Landkreise, Bezirke, Bundesländer, Kontinente können so programmatisch-kompetitiv erfahren werden. Wer also in einer schöneren Stadt oder Landschaft wohnen und fahren kann, hat hier vielleicht noch viel mehr Freude als in einer hässlichen, gefährlichen Großstadt.

Der Planungsaufwand mittels Browser-Plugin ist für eine Großstadt schon erheblich, mittlerweile habe ich viele „Leer-Kilometer“, je nach Himmelsrichtung und Routenpräferenz sind es schon mal ¾ bis 85% oder anders gesagt: Ich fahre manchmal 50km insgesamt um 7,5 „neue“ Kilometer zu erreichen.

Irgendwann Ende September stand ich aber vor der Frage, was ich dieses Jahr noch erreichen möchte und könnte:

In den drei Sommermonaten schaffte ich jeweils 1000km und mehr pro Monat. Das nächste Zie auf Jahressicht wären 10.000km – läppische 27 Kilometer pro Tag, wenn man am 1. Januar angefangen hätte. Leider lag ich über 300km im Rückstand. So musste ich dann im Oktober, November und Dezember noch ordentlich kurbeln, teilweise 40-50km am Tag, um den Rückstand aufzuholen. Am Jahresende hatte ich dann 10324km Fahrradkilometer insgesamt (+3km Spaziergang).

Durch meinen verspäteten Start konnte ich „nur“ noch 358 Tage in 2022 erreichen:

Mittlerweile habe ich mir ein neues, besseres Setup für Zwift gekauft, dass ich um Weihnachten auch schon an ein paar Tagen genutzt habe. Und natürlich habe ich jetzt wieder ein Zwift-Abo laufen, nutze es aber nur sporadisch:

Und heute am 09. Januar 2023 habe ich das Jahr nun endlich auch voll:

Mein aktuelles Lieblingsrad ist ein Patria Trondheim, natürlich auch über ebay-Kleinanzeigen günstig mit Papieren gekauft. Es stand wohl 10 Jahre unbenutzt im Keller. Seit Juli bin ich damit 5500km gefahren, manchmal auch recht schnell. 48km/h bei Deisenhofen (abwärts) hinter verdutzten Rennradlern hinterher oder mit 31,9 km/h Schnitt und 42km/h Spitze von Süden nach Norden über die Donnersbergerbrücke (8 Höhenmeter, 620m), was momentan für die Top 11% bei Strava reicht (Platz ~640 bei ~6300+ insgesamt).

Auch Pedelec-Boomer mit 36km/h zu überholen bereitet mir mittlerweile Freude, insbesondere wenn sie davor in gefährlichen Passagen überholt haben oder anderweitig fahrlässig fahren. Wenn die Leute einen Unfall bauen – was sie irgendwann werden – will ich nicht dahinter fahren und zusehen müssen. Sie wirken auch verärgert, wenn jemand schneller ist und vermuten dann illegale Motoren oder schauen bei der nächsten roten Ampel, die ich natürlich nicht überfahre, extrem auffällig auf mein Fahrrad.

In der Ebene ist ein Pedelec rausgeworfen Geld, in hügeligen Regionen sicher ein tolles Teil.

Gott sei Dank habe ich mir damals in 2020 keines gekauft und mit 1-2km Radfahrten mit MVG Mieträdern angefangen und danach auf Steel is real.

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