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Arschlöcher anzeigen.app

Als Fussgänger und Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln werde auch ich täglich durch dreiste Auto- und Radfahrer behindert: Der eine fährt mich über den Haufen, der andere parkt die Feuerwehrzufahrt meiner Wohnanlage zu.

Ehrliche Falschparker, bitte melden!
Ehrliche Falschparker, bitte melden!

Beides stört mich. Und als Entwickler sehe ich hier großes Potential für mobile „Feedback“-Anwendungen: In den USA gibt es in vielen Städten schon Feedback-Apps und Webanwendungen um kaputte Infrastruktur oder öffentliche Ärgernisse der Verwaltung zu melden. Diese kann dann zeitnah ausrücken und das Problem beseitigen. Eine schnelle Behebung spart im Endeffekt sowohl Geld als auch Nerven: Alle Teilnehmer profitieren. Auch in Deutschland kommen manche Städte auf diese Idee.

Dieses System funktioniert spitze, wenn es einen Ansprechpartner gibt und es um „Allgemeingut“ geht, also Schadensbehebung im Vordergrund steht. Nicht als Racheinstrument.

Genau letzteres scheint mir aber das Startnext Projekt „Strassensheriff“ zu sein: Bürger sollen per App Parksünder an einen Pranger stellen und am besten gleich bei Polizei und Ordnungsamt anzeigen. Auf den ersten Blick eine großartige Idee, schliesslich ist die Polizei/das Ordnungsamt nie zur Stelle, wenn einer die Einfahrt oder den Gehweg zuparkt.

Trotzdem bin ich sehr skeptisch: Hier findet keine produktive Handlung statt, hier geht es nur um Anschwärzen. Natürlich kann man argumentieren, dass dies besser sei, als beispielsweise Reifen aufzustechen oder Spiegel abzureissen. Aber Auge um Auge ist kein erlaubtes Mittel in der Straßenverkehrsordnung.

Bestenfalls könnten die Ordnungskräfte „bekannte Hotspots“ ermitteln, an denen Parkverstöße regelmäßig stattfinden und dort gezielter vorgehen, durch bauliche Maßnahmen oder Kontrollen. Es ist unwahrscheinlich, dass unsere Behörden überhaupt in er Lage und Willens sind, eine große Zahl von eintrudelnden Anzeigen nachzugehen. Es könnte sogar als Querulantentum aufgefasst werden, wenn jemand pro Tag 20 Anzeigen stellt — Gründe gibt es sicherlich genug zu finden, wenn man es unbedingt will.

Insgesamt zeigt sich aber eines: Der Egoismus in unserer Gesellschaft ist unglaublich groß. Ob Absicht oder Nachlässigkeit, die Leute sind sich über die Konsequenzen ihres Handelns nicht mehr im klaren, das gilt für Rad- wie für Autofahrer, aber auch für jeden von uns. Äusserst man höflich Kritik, so fühlt sich die Gegenseite oftmals in der Existenz gefährdet, die Situation eskaliert, es gibt Geschrei oder sogar Handgreiflichkeiten.

Deshalb mag es also schon verlockend sein, einfach ein Foto zu machen und mit dem heimeligen Gefühl der Rache weiterzufahren. Es senkt den eigenen Blutdruck und lässt die Fehlbarkeit und die Arroganz anderer Verkehrsteilnehmer kurzzeitig vergessen.

Persönlich würde ich es begrüßen, wenn neben dem einheitlichen Behördenruf, den vermutlich kein Schwein nutzt, auch eine generelle Feedback-App angeboten würde:

So könnte man mit allen Vorzügen von eingebauter Kamera und Ortung der jeweiligen Kommune problematische Orte melden — ganz ohne Rache-Anzeigen von Übeltätern. Ein Falschparker kommt imho selten alleine, es gibt also meist einen baulichen oder organisatorischen Grund warum es an dieser Stelle passiert.

Hierzu müsste unsere Verwaltung aber einen sehr großen Schritt tun, das Leid um Open Data zeigt ja schon, wie schlimm es bei uns aussieht.

Und für alle, die noch immer an eine solche Anzeige-App glauben, ein paar Links und Meinungen:

 

 

 

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