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Transparenz als strategische Waffe

Von der britischen Open Knowledge Foundation inspiriert gibt es in Berlin einen lokalen Verein, der sich seit Jahren gemeinnützig und deutschlandweit um die „Befreiung“ allgemeiner Datensätze des Staates und seiner Beteiligungen einsetzt. Vom Betrieb des Transparenzportals „Frag den Staat“ über kommunale Open Data-Projekte bis hin zu „Open Corporates“, einem crawling der Handelsregisterbekanntmachungen.

Einer der größten Unterstützer solcher Initiativen ist immer wieder ausgerechnet Google, der wohl eine der größten und lukrativsten Datenbanken der Welt als Betriebsgeheimnis unter Verschluss hält und monopolistisch zumindest den populären Teil des Webs kontrolliert.

Google hat seit über zehn Jahren aktiv sämtliche anderen Knowledge-Silo-Anbieter bekämpft, von Wissenschaftsverlagen (die ihren Hals nicht voll bekommen konnte), über Geodaten-Anbieter und Karten-Anbieter (Wer kennt noch Stadtplandienst?), Nachrichten, Wetter, Börsenkurse etc. – die Strategie dahinter ist klar: Man versucht anderen Anbietern das Wasser abzugraben und den Nutzen der bisher kostenpflichtigen Angebote zu beschränken. In der Folge sinkt die Zahlungsbereitschaft, da viele Nutzer sich mit den „Gratis-Daten“ von Google bestens versorgt sehen.

Doch das ist für Google nicht billig gewesen – Google musste vermutlich Milliarden US-Dollar alleine für den Aufbau von Google Maps und Earth hinlegen, für die Streetview-Erfassung und später ein eigenes, mittlerweile aber wieder verkauftes, Photo-Satelliten-Netzwerk .

Einerseits freut man sich, dass mit den eigenen Steuern finanzierte Gewerke, Allgemeingut und Informationen nicht nur kommerziell oder überhaupt nicht zugänglich sind, andererseits zahlen wir damit auch den Preis, dass es keine nachhaltigen Wirtschaftsmodelle mehr in diesen Bereichen gibt, ausser dem von Google.

Jedes Geschäftsmodell unterliegt einer zeitlichen Wertminderung, sofern Geschäftsmodelle und Produkte nicht dem Markt angepasst werden. Google ist hier quasi als agiler Brandbeschleuniger aktiv um diese Entwertung bei potenziellen Konkurrenten oder auch Sparten zu befeuern.

Im Idealfall und in einer nichtmonopolistischen Suchmaschine-Welt würden die Konkurrenten selbst auch eine Schippe drauflegen und sich weiterentwickeln, um Kunden kämpfen mit Innovationen.

Bei regionalen Datensilos, die nur in einer Sprache (Deutsch) und nur für einen kleinen Teil der Weltbevölkerung (ca 1%) relevant sind, sind natürlich keinerlei Mittel vorhanden um sich z.B. technologisch mit einem Weltmarktführer mit Milliardengewinnen und 100.000 Mitarbeitern anzulegen.

Schaut man sich z.B. die Privatisierung des Bundesanzeigers an, stellt man sich auch sehr, sehr viele Fragen hinsichtlich Vetternwirtschaft und Untreue. Und auch Stadtplandienst.de hat vor vielen Jahren mit ziemlich unsauberen Mitteln Nutzer abgemahnt und sich bei mir jede Sympathie verspielt.Aktuell ist Elsevier auf der Abschussliste: Irgendwann sperrt die Bude zu, alle Papers werden dann frei im Web kursieren und von Google indiziert werden. Damit hat Google wieder gratis ein paar Milliarden Werbeeinblendungen in einer attraktiven Zielgruppe gewonnen.

Linke wie Rechte werden dann wieder lauthals nach einer staatlichen Organisation rufen, die hier „neutral“ Papers annimmt und bereitstellt – natürlich finanziert mit unseren Steuern.

PS: Dank der tollen Spider/Crawling-Aktion von „Open Corporates“ gibt es beim Handelsregister.de überhaupt keine Veröffentlichungshistorien der letzten Jahre mehr. Toll. Wenigstens veröffentlicht jetzt noch eine ausländische Website mehr meine Privatanschrift. Schliesslich sind alle Unternehmer rechtelose Verbrecher, nicht wahr?

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