Das Podlove-Projekt, unter Führung des allseits bekannten Podcasting-Gurus Tim Pritlove, entwickelt nun schon seit einiger Zeit sehr engagiert an diversen Tools rund um das Podcasting: Neben einem WordPress-Plugin zur Bereitstellung von Podcast-Feeds beispielsweise auch an einem erweiterten Audioplayer-Widget für Websites. Neben regelmäßigen Workshops gibt es in diesem Umfeld auch immer neue Ideen im Bereich Metadaten.
Ich finde die bisherigen Ergebnisse zwar sehr toll, bin aber sehr skeptisch ob dies der richtige Weg ist. Dazu vorab ein paar Annahmen:
1. Was stellen Podcasts inhaltlich dar?
Ich sehe Podcasts als reines Unterhaltungsmedium. Auch Formate zu (populär-) wissenschaftlichen Themenbereichen wie Raumzeit, Der Resonator oder CRE dienen dazu, einen komplizierten Themenbereich so einfach wie möglich zu erklären und ggf. Zuhörer hierfür zu begeistern, nicht als Nachschlagewerk oder zum auswendiglernen. Es sind keine Hochschul-Vorlesungen, Telekolleg-Sendungen oder Sprachkurse!
Ich gehe soweit zu behaupten, dass die allermeisten Podcasts früher oder später eine Meta-Talkshow mit nur noch losem Themenbezug werden, so wie beispielsweise „Mobile Macs“ zur Freakshow wurde oder Build and Analyze bzw. Hypercritical zum Accidential Tech Podcast.
Einzelne Episoden sind nur lose strukturiert, feste Kapitel und Übergänge gibt es nicht, wenngleich natürlich einzelne Sprecher/Experten immer wieder zu ihren Fachbereichen befragt werden.
Auch dramaturgisch ist es nur wenig sinnvoll, sich einzelne Teile anzuhören und nicht die vollständige Episode von Beginn an. Oft gibt es einen tagesaktuellen Bezug oder einen „Running-Gag“, den man nur bei fortlaufendem Zuhören verstehen kann.
2. Wo und womit wird ein Podcast gehört?
Es gibt recht wenig verfügbare Zahlen hierzu, entweder weil keiner seine Zahlen nennen möchte oder niemand eine ernsthafte Erfassung probiert hat. Ich gehe aber davon aus, dass die Mehrheit der „Erstkonsumenten“ über das Web oder iTunes einsteigt, obwohl insbesondere iTunes zum thematischen Entdecken von Podcasts richtig schlecht ist: Man sieht hier sehr gut, dass Apple absolut kein Interesse hat, im Podcasting-Segment etwas qualitatives zu betreiben. Podcasts von Radio- und Fernsehsendern sind hier mittlerweile übergewichtet, d.h. die „altmodischen“ Zuhörer wurden erfolgreich zum Konsum der Podcasts animiert.
Doch zurück zum Player: Wer regelmäßig und intensiv Podcasts hört, greift wahrscheinlich früher oder später zu einer mobilen App oder wird die MP3-Dateien in große Mengen auf seinen Mediaplayer werfen. Die Anzahl an Player-Apps ist nahezu unbegrenzt, aber bis auf das reine Abspielen von MP3-Dateien sind die Gemeinsamkeiten sehr überschaubar. Kapitelmarken werden von der Mehrheit der Abspieler nicht unterstützt.
Nun die alles entscheidende Frage: Wo wird ein Podcast gehört? Während man am selben Rechner sitzt und den Webplayer im Browser visuell verfolgt? Oder läuft der Podcast beim Bahnfahren, auf der Autobahn, im Flugzeug — oder vor dem Einschlafen?
In fast allen Fällen läuft der Player vermutlich im Hintergrund. Es ist also fast völlig egal wie er aussieht, implementiert ist oder welche „Features“ er hat: Man ist anderweitig beschäftigt oder kann mangels Internetversorgung die tollen Shownote-Links sowieso nicht weiterverfolgen.
Fazit:
Es ist zwar löblich, dass sich Entwickler an die logische Erweiterung von Podcasting-Standards machen, aber sie stehen auf verlorenem Posten: Einzig Apple könnte hier neue Impulse auch verbreiten, macht dies aber auch in anderen Bereichen sehr spät (USB 3, Passbook-Barcodes) oder nie (NFC). Ansonsten gehen sämtliche Features an der üblichen Podcast-Nutzung vorbei: Ein normaler Zuhörer hat von Metadaten nicht viel, Kapitelmarken sind für viele Formate nicht sinnvoll nutzbar.
Auch ausführliche Shownotes sind meines Erachtens überflüssig, ausser man übertreibt es und produziert 4-Stunden-Formate mit 152 verschiedenen Themen. Das ist gerade in den USA eine Seltenheit, denn dort beschränken sich Podcasts üblicherweise auf 1-2 Stunden. Hierfür ist es ausreichend, eine Linkliste und eventuell noch ein paar Sätze in einem Blogpost dazuzuschreiben. Ähnliches gilt auch für die Dateiformate: MP3 und ggf. noch AAC — alles andere interessiert niemanden.
TL;DR
Letztendlich zählt die regelmäßige Unterhaltung des Nutzers über die Ohren, alles andere ist unnötiges Beiwerk und lenkt vom eigentlichen Produkt ab.