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Artikel 13 und die Folgen

Der im EU-Parlament gestern beschlossene Urheberrechtsfundamentalismus hat auch etwas positives: YouTube wird vermutlich Uploads aus der EU einschränken um sich selbst schadlos zu halten. Europäische Ersteller/Uploader müssen Risiken übernehmen und wirtschaftlich für Google interessant sein, also monetarisierbar.

Das wird einerseits zu einer Abnahme von lokalem Content führen, also Videos mit regionalem Bezug und Sprachen der Europäischen Union und andererseits auch dazu, dass Konsumenten in der EU auf US-Content ausweichen werden.

Auch nach dem Nationalismus der Nazi-Zeit und des SED-Terrorregimes in Ostdeutschland erfolgte eine deutliche kulturelle Gegenreaktionen und Orientierung hin zum Westen insbesondere den Vereinigten Staaten von Amerika.

So gesehen ist Artikel 13 kultureller Nationalismus und statt damals auf Rosinenbomber, Kaugummi, Jeanshose, Jazz, Rock und Popmusik, McDonalds und iPhones werden deutsche Kinder eben auf US bzw. globalen Content von Pewdiepie, Casey Neistat, MKBHD und co ausweichen.

Die Akkordeon-, Schuhplattler und anderen deutsche Nischengruppen werden YouTube nicht mehr nutzen können und somit wird deren kulturelles Erbe schlicht in den nächsten 1-2 Generationen getilgt werden.

Artikel 13 rottet den Long-Tail aus.

  • Wer als EU-Bürger zukünftig für YouTube interessant sein möchte, muss weit mehr liefern, als ein Kostenrisiko. Reichweite und damit die Monetarisierbarkeit hängt zwangsläufig an der Sprache und weil YouTube in China blockiert ist, ist die Lingua Franca Englisch und Inhalte müssen entweder für den US-Markt, mit 300 Millionen Konsumenten, oder am besten global interessant sein.
  • Wer genau hinsieht, stellt schon heute fest, dass die wirklich starken Kanäle ausnahmslos englischsprachig sind und sich Europäer wie Pewdiepie. Bjørn Nyland, Great Scott und viele andere längst international aufgestellt haben.

    Es ist auch ein Problem Deutschlands und der deutschen Historie: 80 Millionen war früher ein ausreichend größer Markt um eigene Regeln und eigene Kultur zu erhalten (Frankreich hat das selbe Problem). Viele Nationen/Sprachen/Kulturen waren nie – oder zumindest seit langer Zeit – nicht (mehr) in dieser Situation und haben sich angepasst: Nordeuropäer schauen Filme und Serien seit Jahrzehnten in der englischen Originalfassung und sprechen daher durchweg exzellentes Englisch – im Gegensatz zu vielen Deutschen (ich nehme mich nicht aus, sonst würde ich hier auf Englisch bloggen…).

    Selbst die Schweiz ist weltoffener aufgestellt, auch weil sie vier Landessprachen hat und vom Tourismus und internationalem Schwarzgeld leben muss. Daran konnte auch eine nationalistische, rechte Bewegung nicht viel ändern. Blocher und seine Familie wären ohne Export nichts, deren EMS-Chemie lebt von der Globalisierung und vermutlich ist die Konzernsprache auch schon längst Englisch.

    Erfolgreiche Verführer, links wie rechts, eint die Fähigkeit „Never get high on your own supply“. Die einfachen Leute, die auf einfache Parolen hereinfallen, verkommen zu non-player/playing characters (NPC), wie bspw der FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube jüngst in einem Feuilleton-Kommentar unter Beweis gestellt hat. Sie werden keinen Cent verdienen und auch dadurch nicht wirtschaftlich überleben können. Kaube beweist zudem, dass er nicht mit ausreichend Intelligenz ausgestattet ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, also „Leistungsschutzrecht“ oder der YouTube/GEMA-Episode (während parallel Spotify den Markt gekillt hat).

    YouTube wird seine Unkosten auch auf die Werbetreibenden umlegen und somit zahlen europäische Unternehmen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, die CSU und andere Werber zukünftig noch mehr dafür. Unternehmen reduzieren damit ihre zu versteuernden Gewinne oder legen die Kosten wiederum auf ihre Kunden um. Bürger bezahlen das ganze also mit jedem Einkauf zwangsläufig mit. Da wird noch weniger Geld für ein Zeitungsabo übrig bleiben…

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