Seit Jahren schaue ich in meiner Freizeit neben Fahrradvideos auch die Kanäle diverse Elektronik-Reparatur-Leute an. Es ist immer wieder beeindruckend, wie ein kleiner Kondensator oder ein kleiner Flüssigkeitsschaden ein Gerät komplett ausser Betrieb setzen – und dieses oftmals wiederherstellbar ist. Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, aber manchmal sind die Gründe für einen Ausfalls so trivial, dass es verblüfft. Insbesondere wenn es hochintegrierte Dinge wie Smartphones oder Notebooks sind.
Ja, wenn man es einmal gesehen hat, wie ein hoffnungslos kaputtes Gerät mit etwas Arbeit wieder so funktioniert, wie am ersten Tag, dann beginnt ein Denkprozess.
Wie viel % des Mülls besteht aus solchen Dingen? Wie viele Ressourcen verschwenden wir und wie viele Umweltschäden verursachen wir dadurch, dass wir Geräte herstellen und dann nach kurzer Zeit wegwerfen, bestenfalls shreddern und die Bestandteile teilverwerten?
Welche Fehler treten sehr häufig auf, also was sind die Ursachen? Wie kann man diese Fehler beheben?
Neben offensichtlichen Anwenderfehlern, gibt es z.B. folgende Gründe:
- Elektrogeräte für den Haushalt, insbesondere Küchenkleingeräte, verfügen über einen Überhitzungsschutz. Dieses Sicherheitsbauteil hat seinen Zweck, schlägt aber manchmal „zu früh“ an oder wird mit der Zeit fehlerhaft. In der Folge fällt das Gerät komplett aus. Abhilfe: Thermosicherung auslöten, Ersatz beschaffen und wieder einbauen.
- Fast alle Geräte im Gleichstrom-Niedrigspannungsbereich von 1-48V werden heute per Schaltnetzteil versorgt. Eine bahnbrechende Erfindung von vor einigen Jahrzehnten, welche Wickel-Transformatoren hier überflüssig machte und auch den „gefürchteten Standby-Modus-Verbrauch“ abgeschafft haben. Man kann sich das ganze wie ein Staudamm vorstellen, der zwischen 14.000 und 400.000 mal pro Sekunde(!) öffnet/schliesst um Wasser abzulassen und zwar genau bis zur Zielmenge am Abfluss. Um die Flussmenge zu normalisieren, also zu glätten, werden Kondensatoren verwendet. Diese werden quasi schubweise befüllt und geben eine stabile Spannung ab. Und genau hier liegt das Problem: Diese Kondensatoren bestehen u.a. oft aus Elektrolyten, also einer Flüssigkeit. Auch diese kann altern, verdampfen oder anderweitig für einen Ausfall sorgen, der dan auch das komplette Netzteil lahmlegt. Und wenn dies innerhalb eines anderen Gerätes verbaut ist, auch das ganze Gerät. Beispiele hier: Fernsehgeräte.
- Generell alle Geräte mit fest verbauten Akkus.
Wenn ich Lust und Langeweile habe, suche ich auf Kleinanzeigen und eBay nach defekten Geräten mit vermutlich einer dieser beiden Fehlerursachen.
So konnte ich jüngst ein Apple TV 4K 2. Generation für 30€ erwerben: Das eingebaute Netzteil war schlecht. Ich habe es auf ein externes Steckernetzteil umgebaut und es läuft einwandfrei.
Heute habe ich eine LED-Schreibtischlampe in Kieferngarten abgeholt: Defekt. Mit dem Multimeter des Ausgang des Steckernetzteils gemessen: 0V. Vermutlich eine Thermosicherung im Netzteil. Stromversorgung aus anderer Quelle: Licht leuchtet wie am 1. Tag. Kosten 5€ und eine Radfahrt.
Woran ich noch arbeite: Diverse defekte NVMe/SSD mit einem Kurzschluss, sehr wahrscheinlich auch ein oder mehrere Kondensatoren, die den Geist aufgegeben haben. Und einen JBL Lautsprecher mit kaputtem Akku. Eine absolute Seuche. Hier sollte die EU endlich mal aktiv werden und dem ganzen einen Riegel vorschieben. Wenn GoPro wasserdichte Kameras mit wechselbaren Akkus schafft, dann sollten auch Bluetooth-Lautsprecher so konstruiert werden können.
Wer nicht selbst reparieren lernen möchte oder kann, sollte zumindest darüber nachdenken, die defekten Geräte gratis oder kostengünstig über z.B. Kleinanzeigen, Nebenan und co anzubieten. Bestenfalls finden sich Bastler, die sie dann nochmal herrichten können. Und wenn sich trotzdem niemand meldet, werft es erst dann weg.
Und dann gibt es auch noch Repair-Cafes in vielen Regionen: Veranstaltungen bei dem man ein defektes Gerät mitbringen und dann unter fachkundiger Anleitung reparieren kann. Selbst hier in München gibt es viele dieser Veranstaltungen. Es gibt keine Garantie, dass es klappt und man muss selbst tätig werden. Aber es gibt eine Chance. Und bei der industriellen Fertigung nahezu aller Geräte gibt es nur noch selten Zufälle: Wer also ein defektes Gerät repariert hat und seine Augen offenhält, kann die erlernte Lösung mehrfach anwenden.