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Crash 2019

Endlich werde ich selbst mal als Crash-Prohet aktiv, allerdings gehört auch nicht mehr sehr viel Mut und Wissen dazu: Die Aktienmärkte sind seit einigen Monaten massiv auf Talfahrt und die Geschwindigkeit der Talfahrt nimmt immer weiter zu. Es gibt kein Plateau, keine Abkühlung, keine kleine Konsolidierung: Nein, es geht richtig abwärts!

Die Parallelen zu 2000/2001 sind für mich sehr gut sichtbar: Schrott-Startups wie Uber und Lyft werden in höchster Eile an die Börse gebracht, mit einer irrwitzigen Bewertung. Es ist die Torschusspanik vor „Ladenschluss“ noch seine Anteile am Markt abzuladen. Ob das gelingt oder nicht, selbst wirtschaftlich und technische erfolgreiche Unternehmen werden mit massiven Abschlägen bewertet, wie man z.B. bei Apple sehen kann.

Wirtschaftliche Entwicklung und Innovationen verlaufen in Zyklen und der aktuelle Zyklus wird 2019 ganze 10 Jahre alt und damit überreif für einen Korrektur bzw. einen Technologiesprung. „Wundertechnologien“ wie Blockchain und AI sind überhypted und konnten den Hype ein paar Monate länger am Leben halten, aber konnten bis heute von keinem Marktteilnehmer wirklich monetarisiert bzw. geliefert werden. Keiner generiert damit nachhaltige, wirtschaftliche Vorteile z.B. durch gesteigerte Produktivität (Personalreduktion, Fehlerreduktion, gesteigerte Herstellungsgeschwindigkeit etc) . Selbst selbstfahrende Autos sind auf absehbare Zeit kein Business.

Apple:

Das Smartphone als Plattform hat ein Plateau erreicht. Die Hardware ist nicht mehr entscheidend, ein 230€ Xiaomi Android-Phone kann 98% eines iPhones für 1000€. Mit der sinkenden Hardware-Innovationsrate steigt auch die Nutzungsdauer an und somit wird das Volumen für Smartphones stagnieren oder gar rückläufig werden. Der Markt wird zwar nicht kollabieren und natürlich weiterhin die Basis für sehr viele Geschäfte sein und Begleiter der Menschen sein. Aber die Wachstumsraten sind nicht mehr gegeben und damit ist die Phantasie raus: Man rechnet eher mit negativen Entwicklungen und sieht nur noch wenig Upside-Potential.

Alphabet:

Alphabet hat es bis heute nicht geschafft ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln, dass nicht durch Werbeanzeigen getrieben ist. Sämtliche Services und Produkte von Google basieren auf der Querfinanzierung durch die Werbevermarktungen bei Suche, Maps, Gmail, YouTube und co. Der Geschäftsbereich „Cloud-Services“ steht in massiver Konkurrenz zu Amazon, Microsoft und Oracle und kommt trotz Kubernetes nicht vom Fleck. Da nützt auch die Technologieführerschaft im Bereich Browser/Web, Container (Kubernetes) und Mobile (Android) nichts. Damit verdient Google keine nennenswerte Summen.

Schlimmer noch sind die Ausgründungen unter dem Alphabet-Dach, wie z.B. Waymo (selbstfahrende Fahrzeuge). Bis heute und entgegen aller PR-Aussagen fährt nirgends, in keiner Stadt, in keinem Ort der USA ein Waymo-Taxi fahrerlos. Selbst in Phoenix fährt noch immer eine Kontrollperson mit. Wann und ob jemals ein praxistaugliches Geschäftsmodell ohne Fahrer erreichbar sein wird, bleibt offen.

Amazon:

Amazon ist eigentlich eine Mischung aus Altlast und Lotto-Gewinn: Retail, also E-Commerce, übt eine massive Marktdominanz in den USA und Europa aus, ist aber nur leidlich profitabel, personalintensiv und massiven konjunkturellen Risiken ausgesetzt. Auf der anderen Seite erinnert AWS an einen Schlachthof, bei dem sich das Schlachtvieh selbst anliefert: Auf der einen Seite sind das Startups, die selbst VC für AWS verbrennen um ein hypergrowth zu erreichen, auf der anderen Seite sind es Old-Economy-Unternehmen die so kaputt und inkompetent sind, dass ihnen nichts mehr anderes übrig bleibt, als ihre komplette Datenverarbeitung und Datenspeicherung an einen Anbieter auszulagern. Hier ist z.B. die Deutsche Bahn AG ein gutes Beispiel: Weil Tarifverträge und Gewerkschaften eine straffe technologische Organisation nicht zulassen, weil es nie gelang, besonders gutes IT-Personal anzuwerben, wird in die Cloud verlagert um zumindest etwas realisieren zu können. Man wird etwas agil durch die Nutzung von fremder Services, verbrennt aber weiter Geld, kann die Vorteile letztlich nicht nutzen: Man verkauft auch nicht mehr Tickets oder fährt pünktlicher, weil man alles bei Amazon hostet oder ein paar Millionen Messwerte pro Sekunde dank verschiedener Amazon AWS Produkte erfassen kann, aber dann gleichzeitig keine Kapazitäten zur Instandhaltung oder betriebliche Reserven vorzuweisen hat. Technologie-Porn eben.

Facebook, Twitter

Social-Media ist am Ende angekommen. Fast jeder hat sich ein Fake-Freundschafts-Netzwerk aufgebaut und bespielt dieses mit gestellten Fake-Bildern oder schlechten Witzen. Man bleibt digital in Kontakt, aber praktisch hat man keine Beziehung, keine Kontakte mehr. Digitale Kontakte sind nicht belastbar, suggerieren eine nichtvorhandene Gemeinsamkeit und sind extrem manipulierbar, auch durch Dritte und politisch. Das haben wir bei Obama gesehen, und zuerst nicht realisiert, dann kam die Dreckkampagne von Trump und der US Alt-Right-Bewegung, dann kamen russische Fake-News-Schleudern wie RT und Sputnik, die hier neben Linksaussen auch Rechtsaussen „beliefern“.

Kleingeister schreien nach einer De-Anonymisierung, also einer verpflichtenden Echtheitsprüfung jedes Accounts, die Abschaffung von Pseudonymen. Aber das führt nur dazu, dass noch tiefere Gräben entstehen oder die Kommunikation eingestellt wird. Social-Media-Netze sind am Ende. Facebook stellt mit Whatsapp immerhin noch ein nutzbares Kommunikationsmittel bereit, während Twitter nicht mal als Instant-Messanger-Ersatz nutzbar ist. Facebook verdient Millionen mit Werbung und Datenweitergaben, das wird jetzt sicher einen starken Dämpfer erhalten, aber vermutlich wird Facebook ausreichend kapitalisiert sein, um neue Anwendungen zu Entwickeln und das „social network“ nur als Grundprodukt weiterbetreiben.

Twitter hingegen ist mit Abstand das anfälligste Unternehmen, die Funktionalität ist mies, es eignet sich nicht zum Netzwerkaufbau, es gibt keine sinnvollen privaten Kommunikationsformen, weil selbst Direct Messages zensiert werden. Die Zeichenbeschränkung, die nicht vorhandene Edit-Funktion, das „Retweet mit Kommentar“, die „reply all“ Funktion: All das sind Antipatterns um aus einem steilen Tweet einen Shitstorm, eine Hasswelle eines wütenden Mobs zu generieren. Trump spielt es aus und wenn wir jemals wieder geordnete politische Verhältnisse der Mitte haben wollen, muss so eine Plattform wie Twitter vernichtet werden, die absichtlich dazu engineered ist, Öl ins Feuer zu giessen, statt „Lagerfeuer-Romantik“ zu bieten.

Die mangelhafte Weiterentwicklung, das Abschalten von APIs für innovative Drittanbieter-Apps und ein exzentrischer Gründer und Chef, der sich lieber irgendwo in Indien mit seiner Baghwan-Sekte trifft, als diese Problem zu lösen… alles Zeichen für den Untergang. Selbst der Gründer hat keine Ahnung und keine Skills, den Kahn vor dem Absaufen zu retten.

Sollten die Kurseinbrüche der hier erstgenannten Technologie-Titel substanzbedingt sein, sollte sich das wirtschaftliche Klima in 2019 wirklich abkühlen, dann sinken auch die Werbebudgets und es wird viel selektiver beworben und Twitter verliert hier als erstes, weil dann noch weniger Unternehmen bereit sein werden, zwischen Neo-Nazi-Tweets, hysterischen SJW und allgemeinen Bullshit-Promotern zu werben.

Disclaimer: Ich bin short Twitter.

2 Kommentare

  1. LZ LZ

    Guter Post.

    Zu Twitter: Durch das viele Fowarden fühlt sich Whatsapp mehr und mehr wie Twitter an. Sprich: Immer mehr Nachrichten, die nicht interessieren. Aber immerhin kenne ich die Leute meist noch persönlich. Einen Schritt weiter gehts bei Telegram (oder Discord), das längst viel als Vehikel für private Gruppen (z.B. Signaldienste für Crypto usw.) genutzt wird.

    Und dennoch, Twitter ist noch net-positiv für mich. Es gibt die Handvoll Leute, die ich vermissen würde. Und deswegen hoffe ich, dass es weiter geht und beliebt bleibt. Zumindest bis es eine gute Alternative gibt. (Private Telegram-Gruppen sind es z.B. nicht, weil der Discovery-Aspekt mit Retweets und Likes von Twitter fehlt.)

    Apple: Der Ökosystem Lock-In ist doch sehr stark und es gibt auch einen Exodus von Android zu Apple. Trotz der Preise würde ich sie noch nicht abschreiben.

    Alphabet: Immer noch keine Konkurrenz was Search angeht in Sicht.

    Selbstfahrende Autos: Tippe auch, dass das noch eine Weile dauert. Mein (halb-scherzhafter) Benchmark: Wie kompliziert sind Captchas auf Webseiten? Im Moment scheinen sie zu suggerieren, dass das autonome Fahren noch Zukunftsmusik ist.

    • Roland Roland

      Zu Twitter: Für mich unterhaltsam waren zuletzt auf Twitter fast nur noch die US-Finance-Leute insbesondere von Bloomberg und co. Aber der Anteil an BS nahm auch hier dramatisch zu, insbesondere aus der Anti-Tesla-Fraktion. Irgendwann stellt man sich dann schon die Frage: wie viel Zeit meines Lebens und Geistes will ich verbrennen um 10 Tweets pro Tag lesen zu können, die mir Insights bringen oder mich belustigen.

      Was mir so massiv gegen den Strich ging, ist das Wiederholen von Agendapunkten als Teil von Virtue Signalling bzw „muss endlich nochmal gesagt werden“-Tweets. Selbst wenn es inhaltlich meine Sicht trifft, habe ich keine Lust darauf das 100x in der selben Form lesen zu müssen oder per RT in meine TL geschwemmt zu bekommen..

      Was ich auch bemerken musste: Einzelne Tweets, bei denen ich mir besonders Mühe gab und z.T. etwas recherchiert hatte, wurden einfach geklaut oder ignoriert. D.h. auch meine Follower waren entweder fake oder nicht in de Lage diesen Content zu verstehen.

      Das lange von mir gelobte US-Tech-Twitter hat sich leider auch genau so entwickelt, ich habe nur lange nicht aufmerksam mitgelesen. Nachdem ich meine deutschsprachigen Aktivitäten eingestellt habe und dann dort wieder aktiver wurde, konnte ich mich nicht vor Cloud-PR-Tweets einerseits und andererseits Virtuel Signalling gegen Trump aber auch gegen moderate Leute retten.

      Selbst Projektteilnehmer bekannter OpenSource-Projekte haben sich IMO massive geistige Ausfälle geleistet und quasi zur Jagd gegen alle aufgerufen, die nicht explizit gegen Trump sind. Oft auch ohne direkte Namensnennung, damit es noch fieser wird.

      Ich muss auch hier einem Großteil der Leute entfolgen um dem Mist zu ungehen.
      ´
      Zu guter Letzt kommt dann noch der bescheuerte Twitter-Client zum tragen, der nach der quasi-Abschaffung vieler API-Funktionen monopolist ist und laufend irrelevante Werbung in die Timeline spült.

      Wenn ich nächste Woche Entzugserscheinungen bzgl. Finance-Twitter bekomme, werde ich mir einen scraper bauen, der mir die Tweets einzelner Leute read-only bereitstellt.

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