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2019 wird das Jahr des Linux-Desktops!

Mit dem macOS 10.14 Release hat Apple das Sub-Pixel-Rendering für alte non-Retina Macbooks entfernt, mein mittlerweile fast nur noch privat genutztes 11″ Macbook Air (Early 2015) war davon auch betroffen. Mit der Zeit stellten sich zudem recht ungewöhnliche Verschleisserscheinungen ein, z.B. hat sich hier zum ersten Mal in meiner jetzt über zwölfjährigen Macbook-Zeit ein Teil einer Tastenbeschriftung verabschiedet (A-Taste) und man merkt jetzt such schon das Altern des Akkus.

Etwas neues musste her, weil ich auch beruflich ein Linux-Device für die aktuellen Aufgaben benötige (InfoSec + Containerkram + DevOps) und so fiel die Wahl am Black Friday auf ein Lenovo Thinkpad L380 Yoga (13″ convertible mit FHD-Display), welches zufälligerweise unter der mittlerweile erhöhten Abschreibungsgrenze von 810€ netto direkt von Lenovo zu haben war.

Photo: lenovo.com

Bisher bin ich mit dem Gerät sehr zufrieden, es erfüllt alle Erwartungen und ist ganz gut verarbeitet. Selbst ein Hardware-Maintenance-Manual ist frei zugänglich, um Komponenten auszutauschen oder zu erweitern: Es würden bis zu 32 GB Arbeitsspeicher reinpassen oder eben eine M.2 2280 PCIe-SSD nach Wahl. Und das bei einem Gerät für um die 900€ brutto inkl. Versand, Netzteil.

Aufgemotzt für einen kurzen Test: Der Arbeitsspeicher ist zufälligerweise kompatibel mit dem meines 5K iMac 2017, die SSD dient zur Aufrüstung meines headless Linux-Servers – beide Aufrüstungen standen auch an und würden auch in dem Thinkpad eine gute Figur machen. Wenn nächstes Jahr wieder Geld in die Kasse kommt, werde ich möglicherweise diese Konfiguration dann realisieren.

Insbesondere der Preis lässt mich geradezu über das Gerät frohlocken. Es hat Eigenschaften und Verarbeitungsqualitäten, die einem „günstigen“ Apple-Gerät in nicht mehr viel nachstehen oder gar weit übertreffen. Ähnlich wie die Beschaffung des günstige Xiaomi-Android-Smartphones zeigt mir auch dieser Kauf wieder, wie man es sich über die Jahre „zu bequem“ im Apple-Lager gemacht hat.

Nun hat auch das Thinkpad L380 Yoga seine Schwächen, es fehlen Dinge wie IR-Kamera (Gesichtserkennung), WWAN (LTE-Modem) aber auch einklappbare Tasten bei Nutzung des Tablet-Modus (Yoga) fehlen. Diese Dinge sind den teureren Modellen vorbehalten, die dann auch über eine leistungsfähigere GPU verfügen und deren Kühlung dann hoffentlich mehr als 15W TDP schafft: Auf diese Heizleistung wird nämlich die Intel i7 CPU beschränkt, so stehen meist nur 1,7-1,8 GHz von bis zu 4GHz zur Verfügung. Das ist unschön, aber für meine Nutzung kein Problem. Das Display hat zwar auch nur eine Auflösung von 1920×1080 bei 166 DPI, ist also auch kein „Retina“ (hohe Punktdichte) aber gefühlt deutlich schärfer als beim 11″ Macbook Air – zumindest unter Windows 10 und Linux (Gnome). Die Tastatur ist jedenfalls um Welten besser als das, was Apple die letzten Jahre geliefert hat! Das mitgelieferte USB-C-Netzteil fiept leider, ich bin aktuell noch dabei, eine Aussage des Herstellers und evtl. einen Austausch zu bekommen.

Beim Umstieg auf Linux bzw. Dual-Boot mit Windows 10 gab es dann die erste Schattenseite: Das Lenovo-Recovery-Tool erlaubt den Download eine Image-Datei zum Schreiben eines Recovery-USB-Sticks. Davon kann man allerdings nicht eine normale Windows 10 Installation starten, sondern nur das ganze System plattmachen und in den Werkszustand zurücksetzen, aber auch das ging leider nicht.

Glücklicherweise leben wir in 2018 und Microsoft stellt ISO-Dateien schon seit einigen Jahren zum Download bereit. Hiermit konnte ich ein blankes Windows 10 Pro installieren, die Aktivierung ging automatisch, vermutlich über ein im Bios verbautes Zertifikat/Serial. Dazu noch die Lenovo Vantage-Software runtergeladen, die dann Treiber, Bios und anderen Treiberkram installiert und aktuell hält. Läuft.

Aber selbst ein Ubuntu 18.04 ging erstaunlich einfach zu installieren, wenn man entweder die gesamte SSD exklusiv für Ubuntu nutzen und verschlüsseln möchte oder auf eine LUKS-basierte Verschlüsselung komplett verzichtet. Die Kombination mit Windows im Dual-Boot war sehr schmerzhaft und musste mit gparted vorbereitet werden, weil der Installer überfordert bzw. buggy ist. Hier hat mir dieser Stackoverflow-Beitrag sehr geholfen.

Das war eigentlich die einzige Hürde, das System läuft stabil, unterstützt Touchscreen, Trackpoint, Touchpad und Stylus, Wifi, Bluetooth, Audio… eigentlich alles, bis auf den Fingerprint-Reader: Hierfür gibt es keine Linux-Treiber. Manuelles Hibernate funktioniert auch (suspend to disk), wenn man den Crypto-Key aus dem Arbeitsspeicher kriegen möchte (hoffentlich). Ob und wie man das automatisch hinbekommen möchte, oder ob Suspend-to-RAM nicht in der Praxis ausreichend ist, wird sich zeigen.

Die Steuerung des Akkus erledigt nach manueller Installation TLP — allerdings erst nach Abstellen des Secure Boots im BIOS — zuverlässig auf der Konsole: Man definiert untere und obere Ladegrenzen. Fällt die verfügbare Kapazität im Netzbetrieb unter den tieferen Wert, wird das Laden gestartet und bis zur definierten Obergrenze fortgesetzt, so wie man es auch bei einem Tesla-Auto schlauerweise macht, um die Lebensdauer der Batterien zu schonen. Plant man mobil die maximale Kapazität abzurufen, stellt man den Maximalwert temporär auf 100%. Lädt man jedoch immer auf 100%, sorgt man für unnötige Alterungserscheinungen und thermische Belastungen. Apple bietet auf seinen Geräten keine Wahl an und sorgt so für einen unnötig hohen Verschleiss insbesondere bei nur selten mobil genutzten Geräten bzw. die Täglich für mehr als 8 Stunden „am Strom“ hängen, also typische BYOD-Geräte, die tagsüber 8-10 am Arbeitsplatz am Strom hängen.

Zwar gäbe es einen Ersatzakku schon für 100-150€ bei verschiedenen „generic parts“ Händlern zu kaufen, aber wer so ein Feature hat, spart sich eventuell diese Ausgabe, die viele Apple-Nutzer kennen und dort nach ein paar Jahren fast schon alternativlos sind.

Nun stellt sich die Frage, wie man ein Linux-Device in seine Produktivumgebung einbaut: Ich verwende zwar noch Dropbox für einige Daten, aber das sollte auf Linux kein Problem sein bzw. lasse ich auslaufen. Die Einbindung mittels Syncthing neben meinen anderen Rechnern war jedenfalls ein No-Brainer und funktionierte anstandslos. An Thunderbird als Mail-Client werde ich mich sicher wieder gewöhnen, vim/gvim, Google Chrome, Atom und VS Code sind mehr oder weniger mit den macOS-Versionen identisch, wenn man von GUI-Shortcuts absieht. Da bin ich noch nicht am Ziel angelangt.

Überraschenderweise gibt es genau eine eingesetze Software, die mir massive Bauchschmerzen bereitet: Sie ist nicht OpenSource, es gibt keine stand-alone Linux-Version und ist nur noch als Abo-Modell erhältlich: 1Password.

Es gibt ein 1Password-Chrome-Plugin für Linux, welches aber ausschliesslich mit dem Abo-Modell von 1Password funktioniert. Ich bin seit ewigen Zeiten 1Password-Kunde, möchte aber nur ungern meine ganzen Accounts in irgend eine fremde Cloud schieben respektive für etwas bezahlen, was auch syncthing oder ein einfacher RESTful-Service machen könnte. Zwar gibt es Password-Manager mittlerweile wie Sand am Meer, allerdings bieten nur weniger eine Multi-Plattform-Lösung an, die neben Linux, Mac und Windows auch iOS und Android abdeckt. Wer hier einen Tipp hat: Her damit.

PS: Es sind die kleinen Details, die einem leuchtende Augen bereiten: Um das Notebook stromlos zu setzen, kann man im BIOS eine Option auswählen, die den Akku vom Mainboard bis zum nächsten Anschluss eines Netzteiles trennt. Bei Macbooks muss man hier vorsorglich immer das Flachbandkabel des Akkus rausziehen, was eine ziemliche Friemelei sein kann, wenn man es nicht sehr häufig macht und keine passende Pinzette hat.

3 Kommentare

  1. Daniel Daniel

    Vielleicht ist Enpass was du suchst. Die aktuelle stabile Version sieht noch etwas altbacken aus, aber Version 6 verhält sich wie 1Password vor dem Release der Abo-Version.

    Es gibt Enpass für macOS, Windows, Linux, Android und iOS.

    • Roland Roland

      Vielen Dank für den Tipp, sieht vielversprechend aus!

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