Alles fing damit an, dass ich leider unbewusst mit meinem Bürostuhl über eine MicroSDXC-Karte gefahren bin und mich auf die Suche nach Ersatz begab.
Also zuerst bei MyDealz, dann bei Amazon, dann bei Geizhals.de geschaut. Persönlich tendiere ich aktuell zu Samsung SD-Cards, da diese deutlich schneller als die „Ultra“-Einstiegsmodelle von Sandisk oder anderen Marktteilnehmern sind.
Schaut man sich die Verkäufer solcher Speicherkarten an, die über Amazon Marketplace hier (angeblich) Neuware verkaufen, stösst man auf einen seltsamen Namen „Speicher Direkte“:
Ein ziemlich seltsamer Name, der wohl „deutsch“ klingen soll – zudem erfolgt der Versand sogar durch Amazon selbst.
Richtig seltsam wird es dann auf der Verkäuferseite:
Eine britische Limited namens „KRAMKE BAUGESELLSCHAFT LIMITED“? Die auf Amazon.de Marketplace Neuware verkauft?
Das britische Handelsregister zeigt zudem, dass die Limited erst im Mai 2018 gegründet wurde und bisher noch keine Steuererklärung und Datenbestätigung abgeben musste:
Als Officer und Gesellschafter mit mindestens 75%igem Gesellschaftsanteil wird eine chinesische Staatsbürgerin angegeben:
Die Adresse „7 Unity Street, Bristol“ gehört zu einem Virtual Office Provider – In den Gründungsdokumenten steht zudem, dass Frau YUNG Alleingesellschafterin ist und die Gesellschaft mit einer Adresse in Clevedon errichtet wurde. Das PDF ist bei Amazon AWS gehostet, dem Infrastrukturprovider des britischen Handelsregisters. Link hier unten auf der Seite.
Auch die ursprüngliche Adresse gehört zu einem Treuhand- und Gründungsservice und wird weiterhin von anderen Gesellschaften auf Amazon verwendet.
Ich unterstelle jetzt mal folgendes Geschäftsmodell:
Die Produkte sind vermutlich für einen anderen Zielmarkt vorgesehen, aber Originalprodukte der Hersteller – bei Fakes würden die Bewertungen sicher anders aussehen. Sie wurden vermutlich aus China direkt oder über steueroptimierte Umwege an ein Amazon Fulfillment-Zentrum in Deutschland gesendet und werden von dort aus auch von Amazon wieder verschickt. Amazon (und eBay) sind ab 2019 gezwungen dafür zu sorgen, dass asiatische Händler auf ihren Plattformen die anfallende Umsatzsteuer abführen und verlangt dafür von Händlern Umsatzsteuer-IDs und vermutlich weitere Dokumente.
Der chinesische Verkäufer hat sich also mit einfachen Mitteln günstig und vollkommen legal in UK eine Limited gegründet. Die Strohfrau gibt es sicherlich und Sie lebt irgendwo in China. Mit der errichteten Gesellschaft hat man eine britische Umsatzsteuer-ID, die auch für den Handel in Deutschland genutzt wird und bei Amazon im Verkäufer-Impressum steht. Eine deutsche Umsatzsteuer-ID findet man nicht, meines Wissens benötigt man diese auch nicht, wenn man weniger als 100.000€ pro Jahr an Umsatz mit Endkunden in Deutschland realisiert. Selbst wenn, müssten deutsche Finanzämter aktiv werden, gegen eine harmlose, noch-innergemeinschaftliche Gesellschaft ohne „chinesisch klingenden Namen“…
Die wirklich spannende Frage ist jedoch, was diese Limited nun gegenüber dem Finanzamt in Bristol meldet. Amazon kann es nicht nachprüfen, die Geschäftsführerin wohnt in China – warum sollten sie Umsatzsteuer überhaupt abführen?
Und warum dieser komische Name, der Ähnlichkeit zur Kramke Baugesellschaft GmbH in Potsdam erwecken möchte, aber der Geschäftszweck so garnicht zum Baugewerbe in Deutschland passt?
Schiebt die Limited ihre Steuerschuld der deutschen Gesellschaft in die Schuhe und konnte dies durch Nachlässigkeit britischer Behörden und von Amazon lukrativ ausnutzen? Ging ein „LTD“ statt „GMBH“ bei der Dokumentenprüfung bei Amazon einfach durch? Ich weiss es nicht. Es ist eine reine Vermutung für die ich keine Belege habe.
Ich finde das alles jedenfalls höchst seltsam und werde schauen, ob die Steuerunterlagen in UK rechtzeitig eingehen werden (der Status ist öffentlich).