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Milliarden waschen mit Bitcoin?

Gewinne aus dem Handel mit Bitcoin gelten in Deutschland als privates Veräusserungsgeschäft und sind nach einjähriger Haltedauer steuerfrei. Sämtliche Crypto-Börsen/Exchanges in Deutschland, Europa, USA und „der westlichen Welt“ müssen mittlerweile regulatorische Maßnahmen einhalten um Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu unterbinden. Salopp formuliert sind einerseits die Kunden zu identifizieren (Know your customer) und andererseits verdächtige Transaktionen an die staatliche Aufsicht zu melden, so wie es immer schon im elektronischen Zahlungsverkehr und mittlerweile auch bei Bargeldzahlungen ab einer gewissen Grenze der Fall ist.

Nun, wo ist das Problem?

Diese Regulierung greift nur, wenn jemand Bitcoins kauft oder verkauft über eine Exchange, also einen Handesplatz wie Bitcoin.de, Coinbase und co. – hier werden sich natürlich Mafiaangehörige nicht registrieren.

Aber der Reihe nach:

Ob organisierte Banden-Kriminalität/Mafia, Terrorismus, Menschenhandel, Drogen – es fällt immer eine große Menge an Bargeld an, nicht zentral sondern in den „niederen Rängen“ solcher Organisationen. Bargeld ist schlecht, es geht „verloren“, kann geklaut werden, wirft eine negative Rendite ab (Stichwort Inflation). Bisherige Mittel zum Waschen des Geldes stellen zB sogenannte Spielhallen da, also Automatencasinos.

Kriminelle schicken vertrauenswürdige Handlager (sprich: erpressbare Menschen) mit einer Tüte Bargeld in eine Spielhalle, die der „sauberen Seite“ der Organisation zugehörig ist. Die Person tauscht das Geld in Chips um und füttert damit die Automaten oder andere angebotenen Glücksspiele. Wie bekannt sein dürfte, gewinnt „die Bank“, also das Haus. So erzielen die Hallen einen Überschuss, den sie natürlich auch versteuern müssen, nachdem die exorbitant hohe Miete bezahlt wurde (wem das Objekt gehört? Klar, einer anderen Gesellschaft bzw. einer Bank, über die der Kauf finanziert wird. Zinsen und andere Ausgaben sind natürlich steuermindernd).

In früheren Zeiten dienten für solche „Waschsalons“ auch Gastronomiebetriebe, da man hier einfach ein paar 1000 „virtuelle“ Pizzen pro Jahr zusätzlich verkaufen konnte.

Bitcoin eröffnet auf den ersten Blick eigentlich keinen Vorteil: Ein- und Ausgänge in das beleghafte, durch Steuerfahnder vollkommen durchleuchtete SWIFT-Netz sind wie oben geschrieben durch KYC und andere Regulierungen versperrt, große Transaktionen fallen sofort auf.

Was hier übersehen wird: Bitcoin-Guthaben wird einer Bitcoin-Adresse zugeordnet, die wiederum einem Wallet zugehörig ist. Eine Art digitaler Brieftasche. Auf der öffentlich einsehbaren Blockchain ist genau ersichtlich, wann und von welcher Absenderadresse zB eine Transaktion gekommen ist.

Aber: Wallets kosten keine Gebühr. Sie anzulegen, Guthaben zu halten oder stillzulegen ist ohne fremde Interaktion und ohne Kosten möglich.

Hier jetzt die Lücke: Wallets sind schlicht Dateien aus öffentlichen und privatem Schlüssel, die beliebig kopiert oder weitergegeben werden können. Jeder Besitzer dieser Datei hat einen Vollzugriff auf die zugeordneten Netzwerkadressen also auch ggf. dem Bitcoin-Guthaben.

Wie könnte nun exemplarisch eine Waschung vonstatten gehen?

Spieler 1 (Early Bitcoin-Adopter) hat sich 2015 ein Wallet erstellt und darin 10 Bitcoins zum damaligen Preis von 10×250$ angelegt. Aktuell entspricht das einem Guthaben von 610.000$.

Spieler 2 (Mafia) verfügt über viel Bargeld, sagen wir 760.000$, dass er nicht versteuern kann, weil es aus hochkriminellen Aktivitäten stammt. Er möchte dieses Geld nun waschen.

Spieler 1 ist komplett unbekannt beim Finanzamt. Die 2500$ hat er damals zwar investiert, aber bis heute keine steuerlichen Gewinne realisiert. So gesehen hat er seine Schuldigkeit getan und 100% legal. In der Blockchain steht der Kauf 2015, mehr nicht. Seitdem liegen die Bitcoins unangetastet.

Spieler 2 nimmt seinen Geldkoffer mit ~25% Aufgeld und trifft sich mit Spieler 1. Das Bargeld wird übergeben, im Tausch gibt Spieler 1 das Wallet an Spieler 2. Um Spieler 1 den Zugriff auf die Bitcoins zu nehmen, wird das Guthaben auf ein neues Wallet von Spieler 2 übertragen.

Spieler 1 hat nun viel Bargeld, dass er im Laufe seines Lebens verbraten kann, sofern er nicht erwischt wird. Er hätte den Gewinn legal steuerfrei realisieren können, aber durch diese Aktion ein Aufgeld von 25% erhalten.

Spieler 2 hat nun 10 Bitcoins in seiner Verfügungsgewalt und Zugriff auf ein Wallet, dass ihm als Beweis dienen wird, eine Haltedauer von länger als einem Jahr zu beweisen und damit auch einen steuerfreien Gewinn zu realisieren. „Ich war früh dran und war im Herzen immer schon ein großer Coiner!“.

Zwar fehlt ihm eine Girokonto-Buchung oder Exchange-Transaktion 2015, welche die 2500$ für einen Bitcoinkauf lieferte, aber bei „überschaubaren“ Summen sollte dies nicht zum Nachteil reichen. Möglicherweise wurden die Bitcoins gemined (geschöpft), wofür dann prinzipiell kein Beleg vorhanden wäre. Oder von Privat gekauft. Blockchain und Wallet beweisen, dass dies 2015 erfolgte.

Ob Spieler 2 nun sofort die Gewinne realisiert, seinen Bargeld also steuerfrei reinwäscht, die Bitcoins hält, stückelt, oder gestückelt von Handlangern realisieren lässt, bleibt offen. Da die Bitcoin-Blase im Umfeld der steigenden Inflation noch einige Jahre weiterlaufen wird, könnte Spieler 2 auch einfach halten.

Zugegeben dürfte es nur noch wenige Leute geben, die ein ganzes Wallet unangetastet haben und mit einem so hohen Guthaben, als dass es sich für die organisierte Kriminalität lohnen würde. Vielleicht gibt es aber auch schon einen regen Handel mit kleineren Accounts? Ich weiss es nicht.

Was ich hier zeigen wollte ist, dass eine Bitcointransaktion auch komplett ausserhalb der Blockchain ablaufen kann, je nachdem wie vertrauenswürdig der Verkäufer ist. Eine andere Möglichkeit wären Hardware-Wallets, die aber 2015 noch nicht verbreitet waren. Hierbei sollte sich der Private Key nicht auslesen und duplizieren lassen, wer also das Gerät hat, ist alleiniger Eigentümer und Besitzer. Der Veräusserer hat keine Möglichkeit mehr, weiterhin darauf zuzugreifen.

Wie hätte man das verhindern können?

  1. Die westlichen Staaten hätten es niemals zulassen dürfen, dass eine „legale“ Landschaft um Bitcoin entsteht, also Bitcoin-Börsen.
  2. Bitcoin-Verkaufserlöse als steuerfreie Veräusserungsgewinne nach einjähriger Haltedauer zuzulassen, erlauben es quasi im großen Stil, o.g. Vorgehensweise umzusetzen.
  3. Offenlegungszwang für Guthaben, nicht nur für erzielte Gewinne. Auch Käufe/Einzahlungen müssten erfasst werden.

Dies wurde alles versäumt.

Ich war viel zu naiv und hatte fest damit gerechnet, dass Politikern und Finanzbeamten das Problem rechtzeitig bekannt werden würde, wo man doch für jeden Centfehler in Steuererklärungen Ärger bekommt. Sonst hätte ich mir natürlich damals auch die Taschen mit BTC voll gemacht. Ob hier oder bei Cum-ex wieder mal ein Beweis dafür, dass die großen Fische immer gewinnen.

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