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Warum Twitter nicht Facebook ist

Im Zuge des anvisierten Börsenganges scheint sich eine sehr hohe Nachfrage für Twitter-Aktien einzustellen. Natürlich ist Twitter eine der Größen des Internets, jedoch stellt sich am Kapitalmarkt immer die Frage, was sich in den kommenden Jahren daraus entwickeln könnte:

Facebook wurde für seine initiale Bewertung sehr kritisiert und das Geschäftsmodell beschränkt sich meines Wissens bis heute auf Werbung, ist aber mittlerweile sehr profitabel. Nun muss man aber auch sehen, dass Facebook eine viel zielgerichtetere Werbung einblenden kann als Twitter: Üblicherweise verraten Facebook-Nutzer viele ihrer Vorlieben der Plattform, selbst „geizige“ Teilnehmer können über ihre Kontakte, bis zu einem gewissen Prozentsatz, passenden Interessen und Werbezielgruppen zugeordnet werden.

Twitter hingegen besitzt sehr wenige Details über die Nutzer, es gibt kein monopolistisches Interface (noch immer sind diverse 3rd-party-clients verfügbar), noch eine tiefergehende Vernetzung der Nutzer: Das Follower-Modell ist sehr, sehr oberflächlich und lässt keine sinnvolle Qualifizierung der Beziehung zu.

Das 140-Zeichen-Limit beschränkt auch die inhaltliche Kommunikation, die für den Erhalt oder Ausbau einer tieferen Beziehung notwendig ist. Als High-Frequency-Twitterer mit mehreren Accounts und zusammen über 80.000 Tweets seit 2007, beschränkt sich das Twittern auf „lesen und gelesen werden“-Tätigkeit: Eine Art sozialer Newsticker und oberflächliche Unterhaltung.

Private Nachrichten (DMs) sind zudem vollkommen unbrauchbar zum Ausbau von Beziehungen oder einer tiefgründigeren Unterhaltung: Man wechselt deshalb recht zügig das Medium, nutzt eMail, XMPP etc. um die Kommunikation fortzusetzen – ohne Twitter.

Twitter hätte sich meines Erachtens konsequent in etwas wie Facebook verwandeln oder zumindest Mehrwertdienste anbieten sollen. Die Zukäufe von Gowalla und Vine sind ziemlich verpufft, daraus ist nichts Sichtbares von Wert geblieben. Instagram-Facebook ist noch immer der Marktführer im Photosharing und Foursquare weiterhin die Nummer eins im „check in-app“ Segment.

Der Börsengang dürfte eine Übernahme durch einen anderen Marktteilnehmer, wie beispielsweise Apple, sehr teuer und unwahrscheinlich machen. Und obwohl auch bei Facebook eine gewisse Stagnation bei jüngeren Usern eintrat, so hat FB im Gegensatz zu Twitter zumindest eine profitable Arbeitsgrundlage um sich weiterzuentwickeln.

Twitter ist weder Fisch noch Fleisch. Gefühlt „too big too fail“ aber auch wenig innovativ und wenig agil. Der Börsengang könnte viele Investoren und Gründer zumindest einen ordentlichen Exit-Profit liefern, was mit Twitter dann passiert, ist aber völlig offen.

Twitter hat 1300 Mitarbeiter — für was eigentlich?

Twitter erhielt 1,1 Milliarden US-$ Risikokapital, hat aber auch schon 640 Millionen US-$ für Zukäufe ausgegeben. Mit welchem Ergebnis? Ich sehe keinen ROI für die überwiegende Zahl an Zukäufen, viele Produkte und Services der zugekauften Unternehmen wurden sofort mit der Übernahme ersatzlos eingestellt.

Ich hatte eigentlich viel mehr „trial and error“ erwartet, also eine Rakete an neuen Produkten und Apps um die Plattform Twitter herum um dann eine „Killerapp“ zu finden, die die Plattform weiterhin attraktiv macht und finanziert.

Ich bin ziemlich ratlos: Trotz meiner intensiven Nutzung hält sich die Hoffnung, dass Twitter die nächsten 5 Jahre überleben kann, arg in Grenzen.

Zahlen und Fakten via Crunchbase

 

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