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Spekulation mit Bitcoin

An meiner langfristig negativen Meinung zu Bitcoin hat sich trotz des Kursanstieges nichts geändert und die momentan aufkommenden Blogposts, die Bitcoin als eines der besten Schneeballsysteme überhaupt bezeichnen, geben mir vermutlich auch recht.

Der Investmenthorizont ist allerdings nicht zu vernachlässigen und exorbitante Kursgewinne der letzten Jahre sind auch nicht zu leugnen. Ein weiteres Risiko wird meines Erachtens nach aber auch schlicht übersehen:

Investiere ich in die üblichen Währungen, Rohstoffe oder Unternehmen, so steht meinem Investment üblicherweise ein verbriefter, klar definierter Wert gegenüber, wie bei Unternehmen oder Rohstoffen. Bei Währungen sieht das anders aus, hier muss ich mich darauf verlassen, dass das jeweilige Land, das dortige Finanzsystem, die dortige Wirtschaft mitspielen. Ein sehr abstraktes Investment, gerade in problembehafteten Ökonomien oder politisch wie wirtschaftlich noch instabilen Schwellenländern. Aber selbst bei bekannten Negativbeispielen wie Argentinien, Griechenland, Island oder Zypern waren ausreichend Warnzeichen und Statistikinformationen vorhanden. Durch hohe Zinsversprechen hat die Gier allerdings die Gehirne vieler Anleger „gefressen“.

Bei Bitcoin habe ich solche relativen Sicherheiten oder Informationen aber nicht. Es gibt keine Garantie, dass auch Morgen noch irgend ein Händler daran interessiert ist, für Bitcoin Waren zu veräussern oder Dienstleistungen anzubieten. Weiterhin gibt es auch keine Gewähr, dass die Bitcoin-Exchanges überhaupt noch existieren, geschweige denn vertrauenswürdig und verlässlich sein werden. Es gibt auch heute keine Statistiken darüber, welche Branchen auf Bitcoin setzen und wie seriös und nachhaltig diese sind: Bisher lese ich fast ausschliesslich von illegalen Drogen-Handelsplätzen.

Genau das macht auch eine kurzfristige Spekulation so schwierig: Selbst wenn man also beispielsweise annimmt, dass viele Chinesen noch naiv genug sind, viel Geld in Bitcoins zu stecken, so kann man das eigene Risiko nicht begrenzen.

Beispiel:

Ich kaufe Bitcoins für 1000$/Bitcoin weil ich annehme, dass in China eine weitere Kaufwelle den Wechselkurs für mich positiv beeinflussen wird.

Das 1×1 jedes Investments ist die Risikoabsicherung, das Money-Management: Jedes Investment muss auf ein vorher festgelegtes Maximalrisiko begrenzt werden. Nur so kann man negative Auswirkungen möglichst lange überstehen ohne durch ein einziges fehlgeschlagenes Investment ruiniert zu werden.

Money Management und Risikobegrenzung kann ich aber nur mit so genannten Stopps realisieren: Eine Preisuntergrenze, bei der meine Position (mein Investment) billigst, also zum nächsten handelbaren Preis, liquidiert wird und der verbleibende Wert ausbezahlt wird.

Große Preisschwankungen, also eine hohe Volatilität, können dafür sorgen, dass trotz Ausführung dieses Stops mein Verlust größer wird, als erhofft: Die Position kann natürlich nur dann verkauft werden, wenn es auch einen Käufer gibt. Ist der nicht aufzutreiben, werde ich meine Position nicht los und meine Positionsverluste sind — theoretisch — unbegrenzt.

Dieses Risiko habe ich in einer gewissen Weise bei allen Investments: Irgend ein Zauberer könnte morgen vielleicht doch eine Blei-zu-Gold Transmutation veröffentlichen und Gold damit wertlos machen 🙂 oder naheliegender: Ein Unternehmen stellt sich als betrügerisch heraus und wird zahlungsunfähig.

Hier meine Prophezeihung:

Ein Schneeballsystem kollabiert, wenn es nicht mehr genügend Kaufinteressenten gibt, die den Alteigentümern die Anteile für viel Geld abkaufen. Irgendwann wird dieser Punkt erreicht sein und die Großbesitzer werden zwar dann sehr hohe Buchgewinne haben, diese aber nicht realisieren können ohne den Markt zu schlachten: Eine mittelgroße Verkaufsorder könnte den Markt schon um bspw. 50% einbrechen lassen, daraus entsteht dann eine Paniksituation die auch andere Großbesitzer dazu veranlassen lässt, teils durch gesetzte, automatische Stopps oder durch Kurzschlussreaktionen, billigst in den Markt zu verkaufen.

Das führt auch dazu, dass Exchanges wie beispielsweise MtGox sehr schnell, sehr viel „richtiges“ Geld auftreiben müssen um das „Cash-Out“ zu ermöglichen. Die Exchanges haben aber keine Sicherheiten, ausser dem bspw. USD-Bankguthaben und vielen Bitcoins, die aber keine Sicherheit in der realen Wirtschaft darstellen.

Die Auszahlung wird begrenzt, verzögert oder ganz eingestellt werden müssen. Die typischen Bank-Run-Szenarien spielen sich ab.

Verbleibende, kleinere Exchanges, versuchen diese Extremsituation auszunutzen und stellen extrem schlechte Wechselkurse, aber unter der vorgeblichen Möglichkeit einer sofortigen Auszahlung. Somit werden in Sekundenbruchteilen aus 1000USD …1USD und dann 0.10 USD etc… pp.

Diese Phase kann sehr lange andauern und kurzfristige Ausschläge nach oben sind sicherlich auch wieder möglich und werden passieren. Eine seriöse, risikobegrenze Spekulation ist trotzdem nicht möglich: Jeder Euro, jeder Dollar der in Bitcoins steckt, kann verloren sein. Eine zuverlässiger Hedge ist meines Wissens auch nicht möglich: Die wenigen Angebote zum shorten (Leerverkauf) sind als Optionsgeschäft organisiert und die Emittenten werden ähnliche Probleme bekommen wie Exchanges (s.o.) oder so werthaltig sein wie von Lehman Brothers begebene Derivate…

Hat sich dann ausreichend herumgesprochen, wie viel Leute ihr gesamtes Kapital mit Bitcoins verloren haben, wird es keine weiterer Schneeballwelle mehr geben und der Kurs sich 0 USD annähern.

TL;DR

Wer jetzt 1000 USD in Bitcoins investiert, riskiert volle 1000 USD. 100%. Auch möglicherweise schon vorhandene, hohe Buchgewinne können nicht sicherstellen, dass der ursprüngliche Einsatz vollständig verloren geht. Eine relativ verlässliche Risikobegrenzung durch Stopps oder Put-Optionen ist nicht möglich.

 

 

Ein Kommentar

  1. Die Meinungen über die Bitcoins gehen doch sehr weit auseinander und es bleibt abzuwarten, wie sich diese virtuelle Währung am Ende tatsächlich auch hier bei uns auf den Markt weiter entwickelt. Aus meiner Sicht ist es jedoch eher eine Modeerscheinung, solchen digitalen Währungen wird es immer wieder geben.

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