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Zensur durch die Kreditkartenanbieter

In den USA wird ein Thema gerade groß: Patreon, eine Community-Plattform zur Einsammlung und Verteilung von „Spenden“ für Aktivisten, Blogger, Websitebetreiber und Contentproduzenten aller Art hat diversen Leuten den Account geschlossen und Gelder einbehalten. Angeblich auf Druck eines der großen Kreditkarten-Anbieter.

Gerade im libertär-konservativen Bereich beginnt man zu erkennen, dass hier nicht nur alt-right-Nazis „ohne Prozess“ ausgeschlossen werden, sondern eben dieses Mal auch Leute aus dem „normalen“ Spektrum. Sexworker, welche üblicherweise eher links verortet sind, haben schon vor Jahren ihre Accounts bei PayPal verloren und waren vor einigen Monaten auch bei Patreon wieder auf der Abschussliste, wieder sollen die Kreditkarten-Betreiber auf Basis ihrer Risk-Management-Policy eingeschritten sein.

Auch bei uns erkennt man die Macht der Kreditkartenunternehmen: So fallen z.B. fürs Lotto-Spiel zusätzliche Gebühren an in saftigen Höhen: 5€ pro Vorgang! Nun wird man das wohl mit „gestiegenem regulatorischen Aufwand und Zahlungsausfallrisiken“ begründen, ist aber letztlich nichts anderes, als eine Diskriminierung. So wie Facebook und Instagram pauschal blanke Nippel bestrafen, weil manche Teile der USA oder restlichen Welt damit nicht umgehen können, so wird der Zahlungsverkehrs-Filter nun global ausgerollt.

Ausnahmsweise hat hier Europa mit dem SEPA-Zahlungssystem eine wirklich brauchbare Alternative mit ca. 524 Millionen Menschen. Von Island, Norwegen, Eurozone, Schweiz… alle sind dabei, die Konditionen sind relativ strikt reguliert und Zahlungsvorgänge müssen in einer sehr kurzen Frist ausgeführt werden. Weiterhin dürfen ausländische SEPA-Bankverbindungen nicht diskriminiert werden und somit besteht eine viel größere Chance, eine kontoführende Bank für sein Unternehmen, sein Unterfangen, sein Hobby oder einfach seiner Sache zu finden.

Ist das gut? Ich erinnere mich, wie wir uns damals gefreut oder beschwert haben, dass eine Sparkasse einem Naziverein das Konto gekündigt oder eben nicht gekündigt hat. Wir dachten, das würde unter gesellschaftlichem Engagement laufen und natürlich nur in begründeten Fälle ablaufen, aber letztlich sollte man sehr aufpassen damit. Womöglich eröffnen Banken sonst politischen Gruppen jeglicher Richtung auch nur noch sehr ungerne ein Konto um Stress zu vermeiden oder kündigen beim ersten Sockenpuppen-Shitstorm das Konto? Und überhaupt: Wenn Neonazis ein deutsches SEPA-Girokonto haben, meinetwegen bei der Sparkasse, dann zahlen sie Gebühren und das Konto ist sehr schnell gesperrt und gepfändet, wenn es vor Gericht so entschieden worden ist. Immerhin kann man hier vor Ort prozessieren bzw. Gesetze anwenden und dagegen klagen.

Es ist jedenfalls ein Trauerspiel, dass wir mit Apple Pay, Google Pay und co ausgerechnet noch mehr Volumen über unfreie, proprietäre Zahlungsabwickler ohne Einspruchsmöglichkeit befördern. Nicht nur werden unter Umständen Zahlungsvorgänge zu werblich-analytischen Zwecken ausgeweidet (Paypack- und Amazon-Kreditkarten) sondern wir werden zukünftig dann vermutlich kein legales Glücksspiel mehr betreiben dürfen oder keine Bürgerinitiative für oder gegen etwas.

Bald werden dann Zahlungen hinsichtlich Prostitution, Alkohol und Cannabis verboten oder mit einem Strafzuschlag von zufälligen 10…20.…50€ versehen, selbst wenn diese nach geltendem regionalen Recht legal sind oder sein werden.

Die Lösung für Patreon könnte sehr einfach sein: Ein SEPA-Konto, dass eine Belastungssperre hat. Diese Bankverbindung kann man dann seinen Unterstützern bei jeder Gelegenheit mitteilen, die dann kostenfrei einmalige Zahlungen oder Daueraufträge anlegen können. Gewohnt über ihre Bank. Ohne Mittelsmann, Sicherheitsprobleme oder zusätzlichem digitale schnick-schnack. Notfalls hat man gegenüber der Bank noch immer Rechtsmittel nach deutschen oder jeweiligen Landes-Gesetzen.

Patreon ist kein Netzwerk, wo Nutzer sich einloggen und dann neuen Content „entdecken“/finden, für den sie bezahlen. Auf Patreon gelangen Fans und Unterstützer jeweils durch Content-Produzenten und zwar direkt zur eigenen Unterstützerseite. Produzenten könnten also auch einfach die Adresse ihrer eigenen Mitglieds-Webapp verlinken und so einen US-Mittelsmann entfernen oder zumindest die Unterstützung von 524 Millionen Europäern an der Mastercard/VISA-Zensur vorbeiführen.

2 Kommentare

  1. Sebastian Niemeyer Sebastian Niemeyer

    Etwas, dass insbesondere Linke eigentlich verstehen müssten, aber es dann leider doch nicht tun.

    Der vorpolitische Raum ist wichtig für das funktionieren einer Zivilgesellschaft. Die Sparkasse soll und muss ohne ansehen der Person Zugang zum Konto ermöglichen.

    Egal, ob ein Nazi oder ein Kommunist das Konto eröffnen möchte. Gleiches gilt für Debattenräume und vieles mehr.

    Nicht, weil man die Meinung des Anderen toll finden muss. Man kann es sogar mit Verve verachten, wofür die Person gegenüber steht. Sondern, weil die Keule der Akzeptanz oder besser Nichtakzeptanz verdammt unzuverlässig ist und wechselweise alle möglichen Gruppen trifft.

    Möchte man sich danach richten, dann gibt es morgen nur noch den aalglatten Einheitsbrei und sonst nichts.
    Übermorgen dann keine Demokratie mehr
    und in 3 Tagen ist jede Abweichung vom gewohnten eine derartige Provokation, dass der Pöbel „hängt ihn“ schreit.

    Das ist der Lauf der Dinge, darum sind grundrechte nicht verhandelbar und der der Raum der Wirtschaft gehört zum freien vorpolitischen Raum.

    Sollte es zumindest, aber heute haben wir ja Cancel Culture und die Masse schreit: „Gut so!“ ohne zu verstehen, dass dieser Flaschengeist, ist er einmal aus der Flasche, seine Kreise immer enger zieht. Bis nur noch gesagt werden kann, was der Pressesprecher im Bundeskanzleramt absegnet. Das, soviel muss gesagt sein, wäre sogar noch der gute Fall. Im schlechten muss sich dann sogar das Kanzleramt, dem Zorn beugen.

    However, meine Vorstellung von einer offenen Gesellschaft ist vermutlich einfach nur hoffnungslos veraltet.
    Die Rechtschreibung tut mir leid, dieser Artikel viel mir im „Vorbeigehen“ auf und leider muss ich schnell weiter und habe keine Zeit die Form zu „vollenden“

    Beste Grüße

  2. Roland Roland

    Ganz so stehen lassen kann ich das nicht: Natürlich muss in unser heutigen Zeit jeder Zugang zu einem Girokonto und auch bargeldlosen Zahlungsmitteln erhalten, egal welche Bonität oder „Hintergrund“ jemand hat – allerdings für den persönlichen Gebrauch.

    Wer ein Konto für alle einfordert, dann aber darüber verfassungsfeindliche oder andere illegale Aktivitäten abwickelt, verliert es auch zu Recht wieder. Mit Cancel-Culture hat das nichts zu tun sondern mit den Grundsätzen eines Rechtsstaates.

    Die von Kreditkartenbetreibern wie auch den US-Social-Media-Konzernen durchgeführte Zensur ergibt sich aber durch die Monopolstellungen in ihren Bereichen UND dass sie eben rechtlich vollkommen legale Inhalte unterbinden.

    Pornografie und Prostitution sind nunmal legal, auch wenn es einigen Leuten und Gruppen nicht passt. Was legal ist, ist erlaubt und muss erlaubt bleiben.

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