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Kommentar zu: „Linux Stirbt“ auf Danisch.de

Hadmut Danisch ist ein streitbarer Informatiker und Blogger. Seine Sichtweisen bezüglich Informatik und Informatik in Deutschland teile ich zum allergrößten Teil, so wie jüngst in seinem Blogpost „Linux stirbt“.

Die von ihm oft ausgemachten Gründe der „Verweichlichung“, „Diversifikation“ oder „Quoten“ teile ich jedoch meistens nicht, auch in dem besagten Blogpost.

„Linux stirbt“ nicht wegen Linus, wegen eines Spendenaufrufes für Diversifikation oder einer Anti-Harassment-Policy, sonder aus einem anderen Grund: Zwar sieht es so aus, als ob die „privileged white men“ die überwiegend die letzten 27 Jahre am Kernel und viele Userland-Projekten tätig waren, die Ursache des Erfolges sind und jeder Versuch einer Diversifikation hier Projektsabotage sei. Doch wird hier vergessen, dass Linux damals relativ alternativlos war, sehr viele Leute in der Branche sehr viel Geld in sehr kurzer Zeit verdient und auch wieder in solche Projekte reinvestiert haben oder dadurch „Zeit spenden konnten“.

Nachdem nach 2000 die Verkäufe von PCs stagnierten, später die von Notebooks und vermutlich jetzt auch die von Smartphones, wird es ökonomisch nicht mehr so einfach sein. Weiterhin sorgt dieser Druck auch dafür, dass wieder mehr proprietär entwickelt wird (proprietär nicht auf Lizenz verkürzen).

Die großen Tech-Konzerne sehen die Zukunft, wie Danisch es richtig beschreibt, in den Dumb Consumer Terminals (Smartphone, Tablets) und proprietärem Cloud-Computing: Schon jetzt erhalten sie CPUs vorab und exklusiv mit frisiertem Microcode für ihre Anwendungsfälle – andere Unternehmen oder Startups haben keinen Zugriff darauf. Trends wie Docker/Kubernetes als Containerplattform ist auch grandioser Köder um IT-Operation-Budgets von Unternehmen anzuzapfen und mit Komplexität diverse kleine Anbieter zu verdrängen.

Im Gegensatz zu den früher üblichen Lizenzierungen von zB Windows, Oracle und co wird aber alles monatlich abgerechnet, d.h. man saugt sich das Blut der Opfer kontinuierlich ab. OpenSource spielt keine Rolle, weil man die eigene Plattform definiert und diese – bei Amazon, Google, Microsoft, Oracle, Facebook und Apple – groß genug ist, um sie von 0 neu zu schreiben oder bspw 90% des Linux-Kernels zu verschrotten.

Google’s Fuchsia-Betriebssystem auf Zircon-Kernel-Basis ist ein Beispiel, das immerhin noch als OpenSource bereitgestellt wird, wenngleich die Entwicklung und Roadmap ausschliesslich innerhalb von Google geplant und umgesetzt werden. So ähnlich wie auch schon die Programmiersprache Go als Ziel hatte, keine externen Laufzeit-Abhängigkeiten ausser einer C-Standardbibliothek zu haben. Damit werden 100% aller OpenSource-Bibliotheken überflüssig, wenn man nur Go einsetzt. Kubernetes folgt diesen Prinzipien.

Letztlich hat Google die Nase voll, sich in Projekten einzubringen, wenn sie im Gegenzug große „Investments“ planen und Verändungsabsichten habe. So haben sie sich bereits aus Webkit verabschiedet und so werden sie sich auch aus Linux verabschieden. Mit etwas Glück wird man weiter an den Quellcode der neuen Projekte gelangen, aber es wird keine neutrale Community existieren sondern immer nur das zugelassen, was innerhalb von Google als opportun angesehen wird.

Durch die Konzentration in diesem Marktsegment auf wenige Mega-Teilnehmer sinken auch die Budgets und das Interesse anderer Unternehmen zur Förderung von Linux zB durch sponsorships oder source contribution. Damit ist der Untergang von Linux ein ökonomisches Problem.

Unser Staatsbahn DB verlegt ja bereits einen Großteil der Infrastruktur zum Amazon AWS und deren proprietären Cloud-Diensten. Somit fliesst unsere Kohle in immer größerem Umfang zu Amazon, das aber meines Wissens so gut wie keine OSS-Projekte supported, jedenfalls in Betracht der Unternehmensgröße. Und natürlich hat/hatte die Deutsche Bahn auch nie eigene Lösungen von Wert entwickelt, sondern auch bisher auf zugekaufte Tools und Distributionen gesetzt – wie fast alle Unternehmen in Deutschland.

PS: Vor 2 Tagen hat Google das automatische Mirroring von Zircon auf Github deaktiviert: „The Fuchsia zircon repository is no longer being mirrored to GitHub. See https://fuchsia.googlesource.com/zircon.“

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